Aktionsfeld F: Bewusstseinsbildung und Beteiligungsformate
- Artikel 4 „Allgemeine Verpflichtungen“
- Artikel 8 „Bewusstseinsbildung“
- Artikel 29 „Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben“
„Nichts ohne uns über uns“ ist das Motto der Behindertenrechtsbewegung. Diese Forderung hat spätestens mit der UN-BRK, die maßgeblich unter der Beteiligung von Menschen mit Behinderung entstanden ist, gesellschaftlichen Rückenwind bekommen. Die gleichberechtigte Partizipation von Menschen mit Behinderung an gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen ist ein zentrales Anliegen der UN-BRK. Die Staaten,
die die UN-BRK unterschrieben haben, haben sich verpflichtet, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Menschen mit Behinderung an der Gestaltung von öffentlichen Angelegenheiten mitwirken können (Artikel 29 UN-BRK). Außerdem sollen sie auf Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen können, insbesondere wenn sie Fragestellungen von Menschen mit Behinderungen betreffen (Artikel 4, Abs.3 UN-BRK).
Seit der Unterzeichnung der UN-BRK sind verschiedene Möglichkeiten und Räume für Menschen mit Behinderung eröffnet und gestärkt worden, damit diese in gesellschaftlichen Diskursen mitreden und ihre Forderungen und Sichtweisen einbringen können. Man bemüht sich auf bundes-, landes- und kommunaler Ebene institutionell verfasste Zugänge auf politischer und Verwaltungsebene zu schaffen. In mehreren Stadt- und Landkreisen in Schwaben – zuletzt im Unterallgäu – wurden Behinderten- bzw. Inklusionsbeiräte eingerichtet; in allen Kreisen und vielen kreisangehörigen Gemeinden sowie beim Bezirk gibt es Beauftragte für Menschen mit Behinderung und Inklusionsbeauftragte. Die Position der Schwerbehindertenvertretung in der Arbeitswelt wurde gestärkt. In den Einrichtungen der Eingliederungshilfe wurden Interessenvertretungen wie die „Werkstatträte“, „Heim- bzw. Wohnbeiräte“ sowie Frauenbeauftragte benannt, um die Interessen der Menschen mit Behinderungen gegenüber den Einrichtungsleitungen zu vertreten. Diesen Wandel macht das BTHG auch in seinem vollständigen Gesetzestitel deutlich: „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“.
Im Gesetzgebungsverfahren und in der Umsetzung waren von Beginn an Menschen mit Behinderung und ihre Interessenvertretungen beteiligt. Die aktive Rolle des/der Leistungsberechtigten ist damit der Kernaspekt des Gesetzes.
Beteiligung vollzieht sich im Allgemeinen auf verschiedenen Ebenen und kann unterschiedliche Formen haben: Mitbestimmen, mitgestalten, angehört werden, informiert werden, als Beratende einbezogen werden. Gelingende Beteiligung zeichnet sich dadurch aus, dass all diese Möglichkeiten der Beteiligung ausgeschöpft und je der Situation und den Erfordernissen gemäß angewandt werden.
Die umfassende Beteiligung von Menschen mit Behinderung ist ein Prozess, der trotz der beschriebenen Fortschritte erschwert wird durch die bestehende Segregation von Menschen mit Behinderung sowie durch gesellschaftliche und politische Barrieren und durch fehlende Ressourcen.
Damit Beteiligungsprozesse von Menschen mit Behinderung gelingen können, sind verschiedene Faktoren ausschlaggebend. In der Öffentlichkeit muss ein Bewusstsein für gleichberechtigte Teilhaberechte geschaffen und der Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung entgegengewirkt werden. Es sind zudem barrierefreie und inklusive Austausch- und Beteiligungsformate notwendig, damit auf Augenhöhe in diesen zusammengearbeitet werden kann. Ganz entscheidend für erfolgreiche Beteiligung ist es ebenso, dass Menschen mit Behinderung befähigt und bestärkt werden, Beteiligungsmöglichkeiten wahrzunehmen und zu nutzen. Starke und professionalisierte Selbstorganisationen sind wichtig für die Partizipation von Menschen mit Behinderung.
Die Beteiligung von Menschen mit Behinderung ist für den Bezirk Schwaben wichtig und hat lange Tradition. Dem Bezirk ist es ein Anliegen, neue Beteiligungsformate auf verschiedenen Ebenen, intern wie extern zu schaffen, damit Menschen mit Behinderungen, als Experten/-innen in eigener Sache, Themen, die für sie relevant sind, mitgestalten können. Darüber hinaus möchte der Bezirk ihre Expertise einbinden und nutzen. Denn ihr Wissen und ihre Fähigkeiten sind ein wichtiger Bestandteil bei der Weiterentwicklung des Bezirks.
Daher wurden Menschen mit Behinderungen an der Fortschreibung des Aktionsplans Inklusion 2022 beteiligt.
Der Bezirk Schwaben stärkt Projekte, die zum Empowerment beitragen, auf verschiedene Weise, beispielsweise in Form von Bekanntmachung, Vernetzung oder finanzieller Unterstützung. Bekannte Beispiele sind die Förderung des ehrenamtlichen Engagements sowie „Experienced Involvment (EX-IN)“, die Qualifizierung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung als Gesundheitsbegleiter. Der Bezirk fördert EX-IN seit 2013 organisatorisch und finanziell.
Als Träger der Eingliederungshilfe erkennt der Bezirk Schwaben die Bewusstseinsbildung für sich intern wie extern als Aufgabe an. Für den sozialen Wandlungsprozess im Umgang mit Menschen mit Behinderung spielen bewusstseinsbildende Maßnahmen eine wichtige Rolle. Gesellschaftliche Einstellungen und Haltungen ändern sich nur, wenn mit alten Rollenbildern und Klischees von Menschen mit Behinderung aufgeräumt wird, sie selbst aktiv in der Öffentlichkeit präsent sind und Einfluss nehmen auf gesellschaftliche Prozesse.
Nr. | Maßnahme | Federführende Steuerung | Beteiligung | Zeitrahmen |
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F1 | Sensibilisierungs- und Aufklärungsangebote für Mitarbeitende des Bezirks, Bezirksrätinnen und Bezirksräte sowie Öffentlichkeit schaffen. | Stabsstelle Soziale Projekte | Jeweilige Abteilung oder Sachgebiet | Ab 2022 |
F2 | Schulungen rund um die Themen Barrierefreiheit und Inklusion anbieten und diese im Inhouse-Schulungsprogramm verankern (zum Beispiel Gebärdensprachkurse). | Stabsstelle Soziale Projekte | Personalstelle | Ab 2022 |
F3 | Platzierung von Schulungsinhalten zum Thema Inklusion und UN-BRK in den internen Grundbzw. Aufbaukursen der Sozialverwaltung. | Stabsstelle Soziale Projekte | Sozialverwaltung | Laufend |
F4 | Platzierung von Schulungsinhalten zum Thema Inklusion und der UN-BRK in den Einarbeitungsprozessen von Auszubildenden der Sozialverwaltung. | Stabsstelle Soziale Projekte | Sozialverwaltung | Laufend |
Nr. | Maßnahme | Federführende Steuerung | Beteiligung | Zeitrahmen |
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F5 | Schrittweise Anpassung der Bildauswahl und des Sprachgebrauches im Sinne der UN-BRK bei der internen und externen Kommunikation. | Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Jedes Sachgebiet in seinem Verantwortungsbereich | Laufend |
F6 | Berichterstattung über regionale Leuchtturmprojekte und Erfolgsgeschichten der Inklusion sowie Bereitstellung von Informationen zur UN-BRK und Inklusion in den Medien des Bezirks. | Stabsstelle Soziale Projekte | Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Laufend |
F7 | Jahrestage nutzen, um eine Öffentlichkeit für Menschen mit Behinderung zu schaffen, ggf. in Kooperation mit Kommunen und Trägern. | Stabsstelle Soziale Projekte | Presse- und Öffentlichkeitsarbeit | Laufend |
Nr. | Maßnahme | Federführende Steuerung | Beteiligung | Zeitrahmen |
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F8 | Regelmäßige Durchführung von offenen Beteiligungs- und Austauschformaten für Menschen mit Behinderungen zu wechselnden Themen. | Stabsstelle Soziale Projekte, Beauftragter für Menschen mit Behinderung und für Inklusion (Politik) | Politik, Sozialverwaltung | Seit 2019 |
F9 | Austauschtreffen mit kommunalen Inklusions- und Behindertenbeauftragten nutzen, um inklusive Themen in der Region Schwaben voranzubringen (z. B. Barrierefreiheit, Aktionsplan Inklusion, etc.). | Stabsstelle Soziale Projekte, Inklusionsbeauftragter | Beauftragter für Behinderung und Inklusion (Politik) | Ab 2020 |
F10 | Regelmäßiges Austauschtreffen mit Selbstund Interessensvertretungen, Sozialverwaltung, Beauftragten für Menschen mit Behinderung und Inklusion, Bezirkstagspräsidenten organisieren. | Sozialverwaltung | Büro des Bezirkstagspräsidente, Gesundheits- und Sozialausschuss | Ab 2023 laufend |
F11 | Weiterentwicklung und Optimierung der Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung im Bezirk Schwaben. | Beauftragter für Behinderung und Inklusion (Politik) | Sozialverwaltung, Stabsstelle Soziale Projekte | Ab 2023 |
F12 | Beschwerde- und Feedbackmöglichkeit auf Homepage benutzerfreundlich und barrierefrei gestalten. | Beschwerdemanagement, Stabsstelle Soziale Projekte | Online-PR, Datenschutzbeauftragte | Ab 2024 |
Nr. | Maßnahme | Federführende Steuerung | Beteiligung | Zeitrahmen |
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F13 | Entwicklung einer Förderrichtlinie, mit der inklusive regionale Teilhabeprojekte finanziell unterstützt werden können. | Stabsstelle Soziale Projekte | Sozialverwaltung, Interessensvertretungen | Ab 2023 |
F14 | Die regionale Selbsthilfe weiterhin durch Netzwerkarbeit und Kooperation des Bezirks stärken. | Stabsstelle Soziale Projekte | Laufend | |
F15 | Stärkung der Selbsthilfegruppierungen durch kostenlose Bildungsangebote im Rahmen der Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. | Stabsstelle Soziale Projekte | Laufend | |
F16 | Menschen mit Behinderung als Experten in eigner Sache für das Bürgerschaftliche Engagement werben und gewinnen. | Stabsstelle Soziale Projekte | Laufend | |
F17 | Neuerstellung der Richtlinien für den Sozialpreis unter besonderer Berücksichtigung von Inklusion und Beteiligung. | Stabsstelle Soziale Projekte, Beauftragter für Behinderung und Inklusion (Politik) | Bezirkshauptverwaltung, Bezirksräte/-innen | Ab 2022 |