Auf dem Weg zum guten ökologischen Zustand der Iller: Nasen und Barben erhalten ihren Lebensraum zurück
Trotz enormer Renaturierungsmaßnahmen des Wasserwirtschaftsamtes Kempten an der Iller gibt es bislang an der oberen Iller kein stabiles Vorkommen der Zielfischarten Barbe und Nase. Die Zuwanderung aus der mittleren Iller ist bislang noch nicht möglich. Nun sollen die beiden Illerfischarten wieder angesiedelt werden: Rund 2000 Barben und 5700 Nasen, die aus der Teichanlage in Wielenbach, einer Dienststelle des Landesamtes für Umwelt, stammen, wurden in Rauns bei Waltenhofen in die Iller entlassen.
„Das Monitoring, das die Fischereifachberatung durchführt, zeigt bereits erste Erfolge der Artenhilfsprogramme und der großflächigen Renaturierungen des Wasserwirtschaftsamtes Kempten“, betonte Dr. Oliver Born, Fischereifachberater des Bezirks Schwaben bei dem Ortstermin, „gemeinsam mit dem Landesamt für Umwelt führen wir zudem seit zwei Jahren vertiefte Untersuchungen der Fischbestände und der Lebensräume durch.“
Die Ergebnisse sind vielversprechend. Alle Schlüsselhabitate sind wieder funktionsfähig, eine nachhaltige Wiederbesiedelung hat hervorragende Erfolgsaussichten. Auch die Fischereivereine, insbesondere der Fischereiverein Kempten, stützen mit der Förderung des Fischereiverbands Schwaben die Vorkommen bedrohter Illerfischarten. Seit Jahren werden für die Artenhilfsprogramme erhebliche Mittel eingebracht, um die Artenvielfalt in den Gewässern zu erhalten. Der Schwäbische Fischereihof spielt hierbei eine entscheidende Rolle bei der Vermehrung der bedrohten Fischarten in Schwaben.
„Durch diese hervorragende Zusammenarbeit kann es gelingen, dass die Fische in der Oberen Iller wieder heimisch werden und sich damit der ökologische Zustand dieses Flussabschnittes noch weiter verbessert“, gab auch Hans-Joachim Weirather, Landrat des Landkreises Unterallgäu und Präsident des Schwäbischen Fischereiverbandes seiner Hoffnung Ausdruck. Bei einer dauerhaften Wiedereinbürgerung ist das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie, so Oliver Born, der „gute ökologische Zustand“, zum Greifen nahe. „Dies macht Mut und gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Wende in unseren Gewässern gelingen kann“, sagte Born.
Bislang kamen die Nachzuchten von Nasen, Barben und weiterer Illerfischarten aus dem Schwäbischen Fischereihof des Bezirks in Salgen. Die Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Umwelt erweitert nun den Altersaufbau der Nasenpopulation in der Iller bis zu adulten, laichreifen Exemplaren. Deren erster Laichvorgang ist in den nächsten Tagen zu erwarten. Somit wird der Grundstein für die Gründung einer natürlichen nächsten Generation gelegt.
Neue Heimat der Fische ist neben der verzweigten Illerstrecke bei Immenstadt-Seifen, die bereits vor über zehn Jahren im Rahmen des Hochwasserschutzes ökologisch gestaltet wurde, der Illerabschnitt bei Waltenhofen, den das Wasserwirtschaftsamt Kempten letztes Jahr renaturiert hat. Karl Schindele, Leiter der Behörde, stellte den interessierten Gästen die Maßnahme vor: Im Gesamt-Projekt „Strukturverbesserung der Iller“ soll auf rund vier Kilometer Länge im Bereich der Gemeinde Waltenhofen und des Marktes Sulzberg die Iller nachhaltig aufgewertet werden. Das Gewässerbett wird verbreitert, neue Kiesbänke geschaffen, Steilufer werden abgeflacht, ein neuer Auwald angelegt und Altwasserarme wieder aktiviert. Ökologische Untersuchungen im Rahmen der EU-Wasserrahmenrichtlinie haben gezeigt, dass hier bessere Strukturen für die Fische geschaffen werden müssen.
„Die Umsetzung eines ersten 900 m Meter langen Teilabschnittes südlich von Waltenhofen-Rauns war 2018 möglich, nachdem die erforderlichen Grundstücke erworben werden konnten“, so Schindele. Für den Bau eines weiteren großen Teilabschnitts des Projektes auf Sulzberger Seite müssen noch wenige Grundstücke an der Iller erworben werden.
Durch Verbreitern des Gewässerprofils um bis zu 15 Meter und Abflachen der Ufer bekommt die Iller wieder mehr Platz. Dazu mussten aber auch Bäume und Sträucher am Ufer entfernt werden. „Ökologische besonders wertvolle Uferbäume oder Baumgruppen haben wir so weit möglich erhalten“, erläuterte Schindele. Der Uferweg wurde 10 bis 20 Meter von der Iller weg verlegt. Am neuen Ufer hat die Flussmeisterstelle Kempten Strukturen wie Wurzelstöcke, eine Holz- und Steinbuhnen und eine Steingruppe auf der Kiesbank eingebracht. Nach Beendigung der Erdarbeiten wurden wieder standorttypische Bäume und Büsche am Hochufer gepflanzt. Neben der Ökologie wurde auch die Zugänglichkeit und Attraktivität der Iller für Spaziergänger und Radfahrer verbessert.
Für den nächsten Bauabschnitt würden im Laufe des Jahres der Uferweg verlegt und Bodenuntersuchungen vorgenommen. Die Aufweitung des Illerbettes auf einer Länge von etwa 600 Metern erfolge nächstes Jahr. So wird Zug um Zug wieder ein wertvollerer Lebensraum an der Iller für die Menschen und die Natur, insbesondere für die Fische geschaffen.