Bayerischer Bezirketag spricht sich für eine grundsätzliche Überarbeitung der Personalmindestvorgaben in Psychiatrie und Psychosomatik aus
Die aktuelle Situation der bezirklichen Gesundheitseinrichtungen war Gegenstand des Mai-Hauptausschusses des Bayerischen Bezirketags. Dabei zeigten sich die Delegierten besorgt über die Zukunft der psychiatrischen Versorgung in Bayern. Denn: Trotz einer insgesamt guten personellen Ausstattung drohen zahlreichen Standorten in den kommenden Jahren teils erhebliche Strafzahlungen, wenn die Richtlinie zu Personalmindestvorgaben in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) wie geplant umgesetzt wird. Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, machte deshalb an dieser Stelle deutlich: „Unsere Kliniken nehmen ihren Versorgungsauftrag sehr ernst. Auch während der Corona-Pandemie haben sie das einmal mehr unter Beweis gestellt. Allerdings dürfen unsere Gesundheitseinrichtungen nicht unnötig geschwächt werden. Denn vor allem die aktuellen Vorgaben zur Personalausstattung gefährden unsere Bemühungen um eine dezentrale und wohnortnahe psychiatrische Versorgung.“
Seit Einführung der Personalmindestvorgaben in Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-Richtlinie) im Januar 2020 nimmt die Kritik der Einrichtungen, der Fachgesellschaften und mittlerweile auch der Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder stetig zu. Auch der Bayerische Bezirketag hatte in der Vergangenheit die sehr kleinteiligen Vorgaben bei der Personalausstattung immer wieder kritisiert.
Mit der PPP-Richtlinie wird ein neuer Qualitätsstandard geschaffen. Doch die Personalmindestvorgaben der Richtlinie setzen teils veraltete Berufsbilder voraus und berücksichtigen zu wenig, dass in der Psychiatrie heutzutage multiprofessionell und mit einem modernen Aufgaben- und Fähigkeiten-Mix gearbeitet wird. Die derzeit vorgesehenen unmittelbaren Strafzahlungen für eine Nichteinhaltung der Vorgaben sind unverhältnismäßig. Langfristig können mittlere und kleine Häuser so nicht mehr wirtschaftlich arbeiten – obwohl gerade diese Einrichtungen eine wohnortnahe psychiatrische Grundversorgung in hoher fachlicher Qualität bieten. Abhilfe kann und muss hier das Bundesministerium für Gesundheit schaffen: Denn notwendig ist ein gestuftes und verhältnismäßiges Sanktions- und Anreizsystem. Um dies schaffen zu können, müssen jedoch die bundesgesetzlichen Vorgaben überarbeitet werden. Das jetzige Sanktionssystem muss bis zur entsprechenden Überarbeitung der Richtlinie ausgesetzt werden.
Verbandspräsident Löffler unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf auf Bundesebene: „Ich will mich nicht im „Klein-Klein“ der Kritik verlieren, denn damit geraten die drei wichtigsten Fragen aus dem Blick: Welche personelle Ausstattung brauchen wir, um Patientinnen und Patienten optimal zu behandeln? Wie rekrutieren wir die entsprechenden Fachkräfte? Und natürlich: Wie stellen wir auch weiterhin eine wohnortnahe Grundversorgung nicht nur in Bayern sicher? In ihrer aktuellen Form hilft uns die PPP-Richtlinie nicht, diese Fragen zu beantworten. – Im Gegenteil: Sie ist ein zusätzliches Hindernis bei der Lösung dieser Fragen.“
Aus diesem Grund hat sich Bezirketagspräsident Franz Löffler aktuell in einem Schreiben an den Bayerischen Gesundheitsminister, Klaus Holetschek, gewandt. Nach zwei Jahren konkreter Erfahrungen in den Bezirkskliniken mit der PPP-Richtlinie zeige sich, dass die Vorgaben nicht zur gelebten Realität der modernen psychiatrischen Versorgung passen. „Seit vielen Jahren arbeiten die Bezirke intensiv an einer wohnortnahen psychiatrischen Versorgung in der Fläche. Diese Bemühungen hat der Freistaat Bayern im Rahmen der Krankenhausplanung stets unterstützt. Um die wohnortnahe psychiatrische Versorgung im Freistaat auch weiterhin gewährleisten zu können, braucht es auf Bundesebene entsprechende gesetzliche Leitplanken. Auch hier setzen wir auf die neuerliche Unterstützung des bayerischen Gesundheitsministers“, so Franz Löffler.