Bezirk prämiert Literatur „Auf Augenhöhe“ – Hauptpreis geht an Achim Jäger

14. Oktober 2024: Bei der öffentlichen Verleihung des Literaturpreises des Bezirks Schwaben im Memminger Kreuzherrnsaal am Freitag sichert sich der gebürtige Stuttgarter den ersten Platz. Die mit insgesamt 6.600 Euro Preisgeld dotierte Auszeichnung erhielten zudem Michael Lichtwarck-Aschoff (Stadtbergen), Katharina Prestel (Lkr. Ravensburg, BW) und Andreas Schmid (Augsburg). Der Anerkennungspreis des Bezirks ging an Lilly Haller aus Grünenbach (Lkr. Lindau). Die junge Westallgäuerin mit Körperbehinderung hat das Motto „Auf Augenhöhe“ auf besondere Weise aufgegriffen.
Achim Jäger Bildnachweis: Achim Jäger

Achim Jäger wurde 1986 in Stuttgart geboren und lebt als Schriftsteller in Berlin. Er hat am Literaturinstitut Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studiert, in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht und war unter anderem Stipendiat des 23. Klagenfurter Literaturkurses 2019.

Bei der öffentlichen Verleihung des Literaturpreises des Bezirks Schwaben im Memminger Kreuzherrnsaal am Freitag sichert sich der gebürtige Stuttgarter den ersten Platz. Die mit insgesamt 6.600 Euro Preisgeld dotierte Auszeichnung erhielten zudem Michael Lichtwarck-Aschoff (Stadtbergen), Katharina Prestel (Lkr. Ravensburg, BW) und Andreas Schmid (Augsburg). Der Anerkennungspreis des Bezirks ging an Lilly Haller aus Grünenbach (Lkr. Lindau). Die junge Westallgäuerin mit Körperbehinderung hat das Motto „Auf Augenhöhe“ auf besondere Weise aufgegriffen.

Eine zwölfköpfige Jury hat aus 139 anonymisierten Einsendungen für den 19. Literaturpreis des Bezirks Schwaben vier besonders preiswürdige unveröffentlichte Prosatexte ausgewählt. Zudem vergab der Bezirk einen „Anerkennungspreis für außergewöhnliche Leistungen“.
Das Thema des Literaturpreises, der seit 2005 besteht, lautete in diesem Jahr „Auf Augenhöhe“. Das Motto bezieht sich auf den Hauptaufgabenbereich des Bezirks Schwaben: Dieser unterstützt als Träger der überörtlichen Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf, damit diese ihren Alltag möglichst selbstbestimmt gestalten können.

„Die Preisträgerinnen und Preisträger haben das Thema Inklusion unter dem Motto ‚Auf Augenhöhe‘ beeindruckend vielfältig umgesetzt – mal ganz konkret, mal in freier literarischer Auseinandersetzung, aber immer berührend“, sagte Bezirkstagspräsident Martin Sailer bei der Verleihung des Literaturpreises am Freitag im Kreuzherrnsaal in Memmingen. Die ausgezeichneten Autorinnen und Autoren konnten sich dem Publikum in Videos und bei Lesungen ausgiebig präsentieren.

Der Hauptpreis (2.500 Euro) ging an den gebürtigen Stuttgarter Achim Jäger für seine Erzählung „Irgendwo bellte ein Hund“. Die Jury war beeindruckt von der durchgängigen Spannung und der fast stummen Kommunikation in der Coming-of-Age-Geschichte, in der mehr Blicke als gesprochene Worte gewechselt werden. In einem heißen Sommer versucht ein Jugendlicher, sich einem Mädchen anzunähern. Gleichzeitig ergründet er die Beziehung zu seinem Vater, mit dem er schlussendlich durch eine gemeinsame Anstrengung „auf Augenhöhe“ findet. Der Text überzeuge mit raffinierten und vielschichtigen Erzählungen aus der Perspektive eines jungen Mannes und einem „dichten Netz von indirekten Verweisen“, so Jury-Mitglied Dr. Ulrike Längle.

Den zweiten Preis (2.000 Euro) erhielt Michael Lichtwarck-Aschoff für seinen Text „Sodann wird Gernot L. auf Augenhöhe verbracht“, der nach Ansicht der Jury das Motto der diesjährigen Ausschreibung „am ernstesten nahm und am vielfältigsten umkreiste“. In seinem Beitrag kehrt Lichtwarck-Aschoff in sein früheres Berufsleben als Arzt zurück: Der Autor skizziert die Hierarchie in einer Klinik und schildert das Schicksal eines Patienten, der sich weit „unter der Augenhöhe“ des medizinischen Personals wiederfindet. Jury-Mitglied Oswald Burger lobte die bisweilen bewusst irritierende Erzählweise, die an den Stil von Schriftsteller Franz Kafka erinnere.

Mit dem dritten Preis (1.500 Euro) wurde Katharina Prestel für ihren Beitrag „Bilder einer Ausstellung II“ ausgezeichnet. In ihrem Text mit dem Untertitel „Fassung für Sehgeschädigte“ übersetzt Prestel eine Kunstausstellung in literarische Worte. Dabei setzt sie sich nach Ansicht der Jury „nicht nur zum Ziel, visuell entworfene Kunst ‚auf Augenhöhe‘ für Menschen zugänglich zu machen, denen dieser Rezeptionsweg versagt ist“. Vielmehr spreche sie mit ihren Beschreibungen auch alle anderen Sinne an: „Lesend und hörend fühlt, riecht, schmeckt, geht man durch diese ‚Ausstellung‘“, lobte Jury-Mitglied Dr. Theresia Dingelmaier.

Mit unerwarteten Blickwinkeln auf vermeintlich vertraute Motive überzeugte der junge Autor Andreas Schmid die Jury, weswegen er für seinen Text „Entgleist“ mit dem Nachwuchspreis (600 Euro) ausgezeichnet wurde.

Außerdem verlieh Bezirkstagspräsident Martin Sailer im Rahmen des Literaturpreises des Bezirks Schwaben einen zusätzlichen Anerkennungspreis für außergewöhnliche Leistungen. Der Bezirk würdigte damit die 17-jährige Autorin Lilly Haller. Die Allgäuerin hat eine schwere körperliche Behinderung, weshalb sie nicht sprechen kann. Ihren Körper kann sie beinahe nicht bewegen. Mit Hilfe ihrer Mutter Heike lernte Haller im Alter von 13 Jahren mit Unterstützung zu schreiben. Sie erlangte dadurch die Möglichkeit, sich ihren Mitmenschen auf Augenhöhe mitzuteilen und sich literarisch auszudrücken. Mit 16 Jahren veröffentlichte Lilly Haller ihr Buch „Aus dem Herzen, für die Seele“. In ihm hat sie mit Hilfe ihrer Mutter Geschichten aufgeschrieben, „um einander mit anderen Augen zu sehen“. Der Bezirk Schwaben zeichnet Hallers außergewöhnliche Leistung mit einem Anerkennungspreis aus.

Über den Literaturpreis des Bezirks Schwaben
Die Förderung von Literatur hat im Bezirk einen besonderen Stellenwert, denn literarische Texte geben einer Region ihr Gesicht. Vor diesem Hintergrund vergibt der Bezirk seit 2005 jährlich seinen Literaturpreis. Ziel der Auszeichnung ist es, die Vielfalt schwäbischer Literatur zu erhalten und zu stärken. Teilnahmeberechtigt sind Autorinnen und Autoren mit Lebensmittelpunkt oder biografischen Wurzeln im schwäbisch-alemannischen Kulturraum. Sie können einen bisher unveröffentlichten Text zu einem vorgegebenen Thema einreichen. Der Literaturpreis ist mit insgesamt 6.600 Euro dotiert. Davon entfallen 2.500 Euro auf den Hauptpreis, 2.000 Euro auf den zweiten und 1.500 Euro auf den dritten Platz. Der mit 600 Euro dotierte Nachwuchspreis enthält zudem eine Einladung zur Meisterklasse Literatur bei der Sommerakademie der Schönen Künste 2025 in der Schwabenakademie Irsee.

Die Jury des Literaturpreises des Bezirks Schwaben 2024 setzte sich zusammen aus:
• Prof. Dr. Bettina Bannasch (Universität Augsburg),
• Oswald Burger (ehem. Literarisches Forum Oberschwaben),
• Dr. Theresia Dingelmaier (Universität Augsburg),
• Dr. Michael Friedrichs (Redakteur),
• Dr. Saskia Grandel (Bezirk Schwaben),
• Dr. Sylvia Heudecker (Schwabenakademie Irsee),
• Johanna Hofbauer (Bezirksrätin),
• Christoph Lang (Bezirksheimatpfleger),
• Dr. Ulrike Längle (ehem. Franz-Michael-Felder-Archiv Bregenz),
• Christine Rietzler (Bezirksrätin),
• Edgar Rölz (Kulturbeauftragter des Bezirks Schwaben)
• Willibald Spatz (A.B. von Stettensches Institut Augsburg).
Den Jury-Vorsitz hatte Dr. Michael Friedrichs.
Die bisher unveröffentlichten Beiträge der Preisträger/-innen des 19. Literaturpreises des Bezirks Schwaben erscheinen am 12. Oktober zusammen mit zwölf weiteren ausgewählten Texten in der Anthologie „Auf Augenhöhe“ im Wißner-Verlag.

Weiteres Pressematerial sowie hochauflösendes Bildmaterial unter:
https://kommsafe.de/public/download-shares/wVVgGpwnJHhGAXetNg7LznRsSmFCv7V7 

Die Preisträger/-innen im Überblick

Achim Jäger wurde 1986 in Stuttgart geboren und lebt als Schriftsteller in Berlin. Er hat am Literaturinstitut Hildesheim Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus studiert, in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht und war unter anderem Stipendiat des 23. Klagenfurter Literaturkurses 2019.
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Bildnachweis: Achim Jäger
Zum Preisträger-Video: https://youtu.be/HBgFSwypOYM 

Michael Lichtwarck-Aschoff wurde 1946 geboren und arbeitete bis 2011 als Intensivmediziner. Seit dem Eintritt in den Ruhestand ist er als Schriftsteller tätig und hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht. Lichtwarck-Aschoff lebt in Stadtbergen.
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Bildnachweis: Marco Kleebauer
Zum Preisträger-Video: https://youtu.be/qGJEivQ1jDw 

Katharina Prestel wurde 1985 geboren und ist in Heidelberg aufgewachsen. Sie studierte und promovierte in Weingarten bei Ravensburg. Mittlerweile lebt sie mit ihrem Mann, einem Hund und drei Pferden in Oberschwaben und arbeitet als Lehrerin an einer Realschule. Das Schreiben begleitet sie schon ihr Leben lang.
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Bildnachweis: Marco Kleebauer
Zum Video der Preisträgerin: https://youtu.be/5ryGs7WKSck 

Andreas Schmid wurde 1998 in Wertingen geboren. Er studierte in Würzburg Anglistik und Alte Welt. Derzeit lebt er in Augsburg und arbeitet nebenberuflich in der Verwaltung eines Elektrobetriebs. Seine Freizeit füllt er mit Schreiben, dem Komponieren erster eigener Songs sowie dem Mitwirken in der Theatergruppe Augsburg OnStage. Seine erste Kurzgeschichte, „Damals, als ich noch ein Mensch war“, wurde 2022 in der Anthologie des Schwäbischen Literaturpreises veröffentlicht.
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Bildnachweis: Marco Kleebauer
Zum Preisträger-Video: https://youtu.be/dZpqdkO_6pA 

Lilly Haller wurde 2007 geboren und kann wegen einer schweren körperlichen Behinderung nicht sprechen und sich nur eingeschränkt bewegen. Mit Hilfe ihrer Mutter Heike lernte sie das Schreiben und veröffentlichte im Alter von 16 Jahren ihr erstes Buch „Aus dem Herzen, für die Seele“.
Foto: 2024_Literaturpreis_Heike_und_Lilly_Haller_Fotograf_Marco_Kleebauer.jpg
Bildnachweis: Marco Kleebauer
Zum Video der Preisträgerin: https://youtu.be/va8S_wcXepk 

Anthologie
„Auf Augenhöhe. Literaturpreis des Bezirks Schwaben 2024“, Wißner-Verlag 2024. ISBN: 978-3-95786-376-8, Preis: 14,80€. Erscheint: 12. Oktober 2024.