BKH Günzburg: „Eine einmalige Situation“
Medikamenten- und Speisenversorgung, Wäsche, Parkplätze und vieles mehr: Die Zusammenarbeit zwischen der Kreisklinik und dem Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg ist seit langem sehr eng. Jetzt rücken die beiden Krankenhäuser an der Lindenallee noch enger zusammen. Grund ist die Corona-Pandemie. Das BKH unterstützt die Kreisklinik bei der Versorgung von akutstationären Patienten, indem es seinem Nachbarn Betten, einen Operationssaal und das dazu notwendige Personal zur Verfügung stellt. Auf diese Weise kann sich die Kreisklinik als Schwerpunktkrankenhaus primär der intensivmedizinischen Versorgung von Covid-19-Patienten widmen. Vertreter beider Kliniken loben das gemeinsame Konzept. Der zuständige stellvertretende Ärztliche Leiter Krankenhaus-Koordinierung, Prof. Dr. med. Lars Fischer, hat dem zugestimmt.
Bereits seit Beginn der Pandemie übernimmt das BKH Patientinnen und Patienten, die in der Kreisklinik operiert werden, bei Bedarf anschließend auf seiner Intensiv- oder Überwachungsstation (IMC) und betreut sie dort intensivmedizinisch. „Somit wird eine operative Versorgung dieser Patienten überhaupt erst ermöglicht“, heißt es in dem Konzept, das PD Dr. Johannes Tschöp (Pandemiebeauftragter und Chefarzt Anästhesie), Prof. Dr. Christian Rainer Wirtz (Chefarzt Neurochirurgie; beide BKH Günzburg), Dr. Uwe Widmaier (Chefarzt Viszeral- und Minimal-Invasive Chirurgie) und PD Dr. Gregor Kemming (Chefarzt Anästhesie; beide Kreisklinik Günzburg) gemeinsam unterschrieben haben. Während der intensivmedizinischen Behandlung der Patienten im BKH nach deren Operation in der Kreisklinik werden die Betroffenen regelmäßig durch Fachkräfte der entsprechenden Fachabteilung der Kreisklinik konsiliarisch betreut. Sobald sie medizinisch auf eine Bettenstation verlegt werden können, nimmt die Abteilung der Kreisklinik die Patienten wieder zurück.
In einem weiteren Eskalationsschritt unterstützt das BKH nun die Kreisklinik, indem sie OP-Kapazitäten bereitstellt. Dieser Schritt wird aufgrund der personellen Umstrukturierungen und der hohen Belastung der Kreisklinik mit der intensivmedizinischen Versorgung von Ciovid-19-Patienten notwendig, „um die medizinische Versorgung von akuten und dringlichen Operationen, die nicht verschoben werden können, sicherzustellen“, wie es in dem Konzept weiter heißt.
So sieht das Vorgehen im Detail aus: Das BKH stellt der Kreisklinik an einzelnen Tagen in der Woche einen OP-Saal mit der notwendigen OP-Pflege und Anästhesie zur Verfügung. Patienten der Kreisklinik Günzburg, die einen dringlichen, nicht verschiebbaren Eingriff benötigen, werden für die OP am BKH eingeplant. Die Kreisklinik nimmt die Betroffenen auf und bereitet sie für die OP vor, indem ihr Fachpersonal Untersuchungen macht und Laborwerte ermittelt. Am Tag der OP werden die Patienten durch den Transportdienst der Kreisklinik in den benachbarten OP des BKH gebracht, wo sie vom Team der jeweiligen Fachabteilung der Kreisklinik operiert werden. Das BKH stellt die OP-Pflege, allesamt ausgebildete Fachkräfte. Auch die Anästhesisten – Fachärzte mit jahrelanger Erfahrung - kommen vom BKH. Nach dem Eingriff nimmt das BKH die Patienten zur weiteren intensivmedizinischen Versorgung auf seine Intensiv-oder IMC-Station auf und versorgt sie dort. Fachkräfte der operierenden Abteilung der Kreisklinik machen täglich eine Visite. Sobald die Patienten auf eine Bettenstation verlegt werden können, geht es zurück in die Kreisklinik.
Am heutigen Mittwoch ist das neue Konzept zum ersten Mal umgesetzt worden. Im BKH wurden zwei Patienten von der Kreisklinik im BKH operiert. Einer wird nun auf der Intensivstation des BKH weiterbehandelt, der andere kam auf die dortige Überwachungsstation IMC. Am morgigen Donnerstag soll ein weiterer Patient von der Kreisklinik im BKH operiert werden und anschließend dort ein Intensivbett bekommen. Für nächste Woche sind zwei weitere OP-Tage geplant, berichtet Dr. Tschöp. Bei den Eingriffen handelt es sich in aller Regel um Tumor-Operationen.
„Es ist eine einmalige Situation, dass sich zwei unterschiedliche Krankenhausträger in einer Katastrophenlage auf diese Weise zusammentun, um gemeinsam Patienten zu versorgen“, stellt der Pandemiebeauftragte des BKH fest. Das sei für Patienten, die nicht unter Covid-19 leiden, extrem wichtig, so Dr. Tschöp. „Für uns ist das eine große Erleichterung“, sagt Dr. Widmaier. Die Zusammenarbeit sei super; sie basiere auf die ohnehin gute Kooperation zwischen den beiden Häusern, so der Chefarzt bei der Kreisklinik.
Oberstes Ziel aller Beteiligten ist es, die akutstationäre Versorgung in der Region weiter zu gewährleisten, auch wenn die Zahl der schwer erkrankten Covid-19-Patienten steigt und die Kreisklinik Günzburg als Schwerpunktkrankenhaus bei ihrer intensivmedizinischen Versorgung an seine Belastungsgrenze gekommen ist. Wie berichtet, wurden im Kreiskrankenhaus durch personelle und räumliche Umstrukturierungen weitere Intensivbetten geschaffen, um Covid-19-Patienten versorgen zu können. Diese Maßnahmen haben jedoch die operative Versorgung von akut dringlichen Eingriffen von Nicht-Covid-19 Patienten und vor allem die anschließend notwendige intensivmedizinische Überwachung und Versorgung so stark eingeschränkt, dass diese nicht mehr sichergestellt werden konnte. Parallel dazu wurden auch im BKH durch personelle Umstrukturierungen die bisher aufgrund Pflegemangel nicht besetzbaren Beatmungsbetten reaktiviert, so dass das BKH momentan 14 Beatmungsbetten stellen kann. Somit kann nun durch beide Kliniken gemeinsam eine Versorgung auch von schwer erkrankten Nicht-Covid-Patienten weiterhin mit hoher Qualität erfolgen. Das war der Grund für den engen Schulterschluss zwischen Kreisklinik und BKH.