BKH Günzburg: Struktur und Ziele gerne, Routine eher nicht
Öffentlicher Dienst: Hier wird modern gearbeitet, die Abläufe sind eng miteinander verzahnt und die Tätigkeit ist vielseitig und spannend. Benjamin Englert hätte nie gedacht, dass er diese Begriffe einmal übereinbringen und sie in einem Atemzug nennen würde. Früher arbeitete er noch in einem Industriebetrieb und hatte eine Außensicht. Nun ist der 39-Jährige selber im vermeintlich „verstaubten“ Öffentlichen Dienst gelandet und muss seine Meinung revidieren. „Mir ist bisher noch nichts zweimal begegnet. Das reizt mich. Für mich als Mensch, der ungern einen übermäßig großen Anteil an Routinetätigkeiten mag, ist das eine höchst abwechslungsreiche Tätigkeit“, stellt der neue Regionalleiter Nord der Bezirkskliniken Schwaben fest.
Englert ist mitverantwortlich für das Bezirkskrankenhaus (BKH) Günzburg mit seinen vier Kliniken, mehreren Heimen und Tagesstätten, drei Berufsfachschulen, zwei Kirchen sowie bedeutsamen Einrichtungen wie das Dienstleistungs- und Logistikzentrum (DLZ) der Bezirkskliniken, das Standorte in ganz Schwaben versorgt. 1800 Menschen arbeiten auf dem Campus. Er umfasst etwa 100 Gebäude auf einer 30 Hektar großen Fläche. Irgendwo wird immer gebaut, saniert oder repariert. „Ich habe nicht die Befürchtung, dass die Arbeit ausgeht“, sagt Englert und schmunzelt. Im Oktober 2022 kam er ans BKH und ließ sich von seinem Vorgänger Wilhelm Wilhelm alles zeigen. Seit Jahresbeginn ist er offiziell im Amt.
Eine online-geschaltete Stellenanzeige war es, die seine Aufmerksamkeit erregte. „Ich dachte von der ersten Sekunde an: Diese Stelle wäre es!“ Anfang März vergangenen Jahres bewarb sich der gelernte Fertigungsmechaniker darauf, Ende April unterschrieb er seinen Vertrag. Amtsinhaber Wilhelm wollte nach fünf Jahren an der Spitze der Regionalleitung einen Gang zurückschalten und in das Service-Center Bau der Bezirkskliniken wechseln. So kam es auch.
Drei Jahre in Jettingen, sieben Jahre in Burgau, seit 2015 in Glöttweng: Englert kannte das BKH Günzburg – und irgendwie doch nicht. „Für mich war der Bereich branchenfremd“, blickt der gebürtige Allgäuer (Leutkirch) zurück. Seine berufliche Laufbahn sieht bislang so aus: Nach Hauptschule und Mittlerer Reife absolvierte er in der WMF AG in Geislingen eine dreijährige Berufsausbildung zum Fertigungsmechaniker. Neben dem Beruf bildete er sich zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker weiter und erwarb die Fachhochschulreife. 2005 kam er nach Burgau, wo er bei der Ernst Klimmer GmbH in der Produktion begann. Es sollten 17,5 Berufsjahre bei dem großen Mittelständler werden. Während dieser Zeit war Englert unter anderem in der technischen Leitung, der Produktionsplanung und elf Jahre im Projektmanagement tätig. Eine Erfahrung, von der er heute profitiert. Vor allem von seinem Vorgesetzten in der Produktionsplanung konnte er viel in Punkto Mitarbeiterführung lernen. Nebenbei belegte er ein Studium zum Wirtschaftsingenieur und schloss dieses im Januar 2022 mit dem Bachelor of Engineering ab.
Dann war Zeit für eine berufliche Veränderung. Englert hat schon sehr lange das berufliche Ziel, Personal- und Führungsverantwortung zu übernehmen. Das kann er jetzt. Als Regionalleiter sind ihm etwa 55 Mitarbeitende direkt disziplinarisch zugeordnet: unter anderem im Sekretariat, in der Technik, an der Pforte, im Ärztlichen Dienst und der Poststelle. Hinzu kommen weitere Bereiche, die an die Regionalleitung angegliedert sind: die Werkfeuerwehr, das betriebliche Eingliederungsmanagement, die Arbeitssicherheit, die betriebliche Gesundheitsförderung und weitere Fachbereiche.
Benjamin Englert ist nun Mitglied der örtlichen Krankenhausleitung. Gemeinsam mit dem kommissarischen Leitenden Ärztlichen Direktor Prof. Christian Rainer Wirtz, dem derzeit amtierenden Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Chefarzt Prof. Matthias W. Riepe, und Pflegedirektor Georg Baur stellt er die Weichen am Standort. „Das sind Top-Kollegen, genauso wie mein gesamtes Team der hiesigen Regionalleitung, das eine große Stütze für mich ist. Man findet für jede Frage ein offenes Ohr“, so Englert. Auch vom Vorstand in Augsburg fühlt er sich sehr gut unterstützt. „Ich komme jeden Tag sehr gerne hierher.“
Aufgaben gibt es genug. Da ist zum einen der bereits bekannte Neubau der kompletten psychiatrischen Klinik, der das Gesicht des BKH-Geländes und den internen Ablauf nachhaltig verändern wird. Das 100-Millionen-Euro-Projekt läuft planmäßig, man befindet sich mittendrin. Zum anderen kommt die Erneuerung der Klinik für Neurochirurgie hinzu, speziell der Brainsuite, jenem hochmodernen Operationssaal, der einmal einer der modernsten der Welt war. „Eine große Hausnummer“, stellt der Regionalleiter fest. Bei diesem Projekt sei es wichtig, Köpfe zusammenzubringen, zu koordinieren und sich abzustimmen. „Ich sehe hier viele Parallelen zu meiner bisherigen Tätigkeit“, meint Englert. Als Projektkoordinator wird er nicht so sehr operativ agieren, sondern mehr strategisch.
Ein weiteres großes Vorhaben wird der Zuwachs an (ausländischen) Fachkräften sein, den das BKH benötigt. Für sie muss Wohnraum geschaffen und bereitgestellt werden. Hinzu kommt, dass die beiden Schülerwohnheime mit ihren insgesamt 100 Wohnungen in die Jahre gekommen sind und saniert werden müssen. „Alles in allem wird dies nur mit großen Investitionen machbar sein“, ist sich der Regionalleiter sicher.
Ein für ihn durchaus bedeutsames Ziel scheint in Kürze erreicht zu sein. Für die erfahrene Assistentin des Regionalleiters, Katharina Rochau - „eine große Stütze“ innerhalb des Teams - musste Ersatz gefunden werden. Rochau, die in Augsburg wohnt, ist beruflich an die dortige Uniklinik gewechselt. Ihr soll im April Laureen Bildstein nachfolgen, die noch bis Ende März in einer Klinik in Göppingen tätig ist.
Neben den beruflichen Herausforderungen findet Englert neben Sport auch einen Ausgleich und Ruhepol bei seiner Familie. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern (vier und zwei Jahre) wohnt er seit geraumer Zeit in Glöttweng (Kreis Günzburg).
Der neue Regionalleiter beschreibt sich selbst als bedacht, sachlich, strukturiert, zielstrebig und äußerst wissbegierig. „Ich will wissen, wie bestimmte Dinge funktionieren.“ Neben der Abwechslung ist es vor allem die Sinnhaftigkeit, die ihn an seiner neuen Arbeitsstelle zusätzlich motiviert: „Ich habe als Regionalleiter Einfluss darauf, dass Ärzte, Pflegende, Therapeuten, die Verwaltung und viele andere im Krankenhaus ihren Job machen können, wovon hilfesuchenden Menschen, die zu uns kommen, profitieren.“
Apropos profitieren: Englert ist dankbar für die vielen Chancen, die die Gesellschaft ihm gegeben hat. Davon möchte er etwas zurückgeben. Deshalb schlüpft der 39-Jährige regelmäßig für eine gewisse Zeit des Jahres in eine Uniform und engagiert sich als „beorderter Reservist“ in der Heimatschutzkompanie Schwaben. Diese leistet unter anderem Unterstützungshilfe bei Naturkatastrophen. Sie war die Heimatschutzkompanie 2019 bei einem Schneeeinsatz in Berchtesgaden zur Stelle, um Schäden durch Schneelasten zu verhindern.