BKH Kaufbeuren: Wo Schwarz und Weiß miteinander kämpfen
Es gibt so viele schöne, bunte Farben. Doch die Lieblingsfarbe der Patienten der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirkskrankenhaus (BKH) Kaufbeuren ist mehrheitlich Schwarz. Kunsttherapeutin Eunjung Lee war überrascht vom Ergebnis ihrer internen Abfrage. Mit Schwarz verbinden die meisten Menschen Trauer, Angst und Frustration. Genau genommen ist Schwarz auch keine Farbe, sondern die Abwesenheit von Farbe und allen entsprechenden Lichtwellen. „Ich habe mir die Frage gestellt: Wie können wir mit den Patienten auf dieser Basis zusammenarbeiten?“, berichtet sie. Die Lösung: Kohlezeichnungen sollten eine neue Perspektive auf Schwarz bieten. So entstand eine sehenswerte Ausstellung von 20 Kunstwerken im Eingangsbereich der Forensischen Klinik. Die Kunstausstellung trägt den Titel „Entdeckungen durch Begegnung von Licht und Finsternis“. Sie ist öffentlich zugänglich.
Drei der 20 Künstler haben bei der Eröffnung der Ausstellung erzählt, wie ihr jeweiliges Bild zustande gekommen ist. „Durch die Arbeit habe ich einen Bezug zur Kunst gefunden. Vorher hatte ich noch nie etwas damit zu tun“, sagt einer. „Ich dachte immer, es gibt nur Schwarz-Weiß. Jetzt weiß ich, dass es auch etwas in der Mitte gibt: Grautöne“, erzählt ein anderer. Unisono berichtet das Trio, dass es die Linien und Schattierungen mit bloßen Handflächen und Fingern gezogen und mit Radiergummis experimentiert habe. So entstanden Werke mit Titeln wie „Kraft des Erwachens“ oder „Faust und Schale“.
Es ist die erste Kunstausstellung der Forensischen Klinik Kaufbeuren. „Hier treffen die uranfänglichen Schöpferkräfte Licht und Finsternis malerisch aufeinander“, wie Eunjung Lee erläutert. Im kunsttherapeutischen Prozess werde dieses Thema mit Kohle umgesetzt, um eigene innere Ressourcen zu aktivieren und vorhandenes Potenzial sichtbar zu machen. „Hierbei sollte das Licht nicht als das Gute betrachtet werden, sondern als Außenkraft, die einen Raum schafft. Die Finsternis sollte gleichwohl nicht als das Böse oder Dunkle angesehen werden, sondern als Innenkraft, als einen geschützten, erwärmten Raum“, so die Kunsttherapeutin. Dort, wo sich Licht als Außenkraft und Finsternis als Innenkraft begegnen und kämpfen können, können eigene Gedanken, Gefühle und innere Motive hinterfragt werden.
Die 20 Künstler versuchen, sich über ihre Werke auszudrücken und so mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. „Die Kunstwerke sind Entdeckungen von verborgenen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Jedes Bild ist in seiner Art einzigartig“, stellt Lee fest. Ein Patient schildert seine Erfahrungen so: „Ich konnte meine Kreativität so ausleben.“ „Kunst entspannt mich“, ergänzt ein anderer.
Dr. Florian Riegg dankte den Patienten, Therapeuten und allen, die die Ausstellung ermöglicht haben. „Da stecken ganz viel Mühe und Gedanken dahinter“, sagte der Vertreter des ärztlichen Direktors der Klinik bei der Vernissage. Die Ausstellung, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist, biete die Möglichkeit, die Forensik an sich nahbarer zu machen.
Andrea Grygorowicz, Leiterin der Komplementärtherapien Forensik, freute sich, dass die Ausstellung auf den Tag genau drei Jahre nach dem ersten Lockdown im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eröffnet werden konnte. „Die Werke laden zum Staunen und Betrachten ein“, sagte sie.
Nicht nur künstlerisch sorgten die Forensik-Patienten für Akzente, sondern auch musikalisch: Eine Musiktherapie-Gruppe unter der Leitung von Thomas Lang umrahmte die Vernissage mit sphärischen Klängen.