Damit psychisch Kranke wieder den Horizont sehen
Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Dinge, die einem psychisch kranken Menschen das Leben unendlich schwer machen. Da wird ein Patient aus dem Bezirkskrankenhaus (BKH) entlassen, hat aber kein Geld für die Straßenbahn, um nach Hause zu kommen. Ein anderer, der aus der Obdachlosigkeit ins BKH kam, benötigt dringend mal wieder ein neues T-Shirt. Aber wie bezahlen? Er hat keinen Cent in der Tasche. In solchen Fällen hilft der Verein „Horizont“ am BKH Augsburg aus. „Wir machen das unkonventionell, schnell und unbürokratisch“, sagt Roberto Will, einer der beiden Vorstandsvorsitzenden.
Horizont ist ein gemeinnütziger Verein zur Unterstützung psychisch Kranker, die im BKH Augsburg behandelt werden. Er wurde am 5. November 1991 in der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik gegründet. Der damalige stellvertretende ärztliche Direktor Johannes Weiß-Brummer und Pflegedienstleiter Alfred Lorenz haben ihn ins Leben gerufen. Aktuell hat er etwa 100 Mitglieder. „Der Verein besteht überwiegend aus dem Umfeld des BKH, also aus Mitarbeitenden des Hauses und der Unternehmensleitung der Bezirkskliniken“, informiert Will, der hauptberuflich stellvertretender Pflegedirektor des BKH ist. „Es sind also überwiegend jene, die hier professionell arbeiten und die Menschen versorgen. Wir sehen das Leid und wollen den Betroffenen etwas zurückgeben“, erläutert er.
Der Verein hat zwei Einnahmequellen: Mitgliedsbeiträge - zwölf Euro pro Jahr und Mitglied - und Spenden. Unterm Strich kommen so etwa 6000 Euro zusammen, die eins zu eins ausgegeben werden können. „Immer, wenn es brennt, sind wir schnell da und unterstützen, bevor noch mehr soziales Leid verursacht wird“, betont der 58-jährige Vorsitzende. Zusammen mit Dirk Lutterloh, einem langjährigen Mitarbeiter im Sozialdienst des BKH, leitet er „Horizont e.V.“. Lutterloh trat bei der Jahreshauptversammlung des Vereins, die Anfang Mai stattfand, die Nachfolge von Oberarzt Dr. Thomas Reinertshofer an, der in Ruhestand ging und sich deshalb nicht mehr zur Wahl stellte.
Meist sind es kleine Beträge, die der Verein übernimmt. Das kann auch mal ein Taschengeld für ein Eis sein, wenn die Station einen kleinen Ausflug macht. Oder ein paar Euro für eine Cola, wenn der Betroffene etwas anderes trinken möchte als Tee oder Wasser. „Wir haben einem Patienten auch schon eine Zugfahrtkarte nach Leipzig finanziert, nachdem der bei uns in Augsburg gestrandet war. Oder eine Stromrechnung übernommen, damit der Strom nicht abgeschaltet wird und unser Patient aus seiner Wohnung fliegt“, erzählt Roberto Will. Auch als jemand einen Pass brauchte, das Geld aus der Sozialhilfe aber noch nicht auf dem Konto war, ist der Verein eingesprungen. Die Auszahlungen werden entweder kurzfristig per Auszahlungsschein bestätigt und freigegeben oder direkt über die jeweilige Station abgewickelt. „Die kennen ihre Patienten am besten.“
Sorge macht den beiden gleichberechtigten Vorsitzenden, dass die Spenden deutlich zurückgegangen sind. Seit geraumer Zeit müsse der Verein seine überschaubaren Rücklagen angreifen. „Das ist natürlich auf Dauer nicht förderlich“, sagt Kassenwart Thomas Scherz. Deshalb sehen es die beiden Vorsitzenden Will und Lutterloh als ihre vordringlichste Aufgabe an, „den Geldfluss zu aktivieren“.
Die Hilfe für Menschen mit psychischen Erkrankungen wird weiter gefragt sein, da sind sich alle sicher. „Jeder Dritte leidet irgendwann einmal im Leben an einer psychischen Krankheit“, ist auf dem Flyer zu lesen, den „Horizont“ herausgebracht hat. Der Vereinsname könnte auch durch den Satz „Damit sie wieder den Horizont sehen“ treffend ergänzt werden.
Kontakt Wer dem Verein „Horizont e.V.“ am Bezirkskrankenhaus Augsburg, Geschwister-Schönert-Straße 1, 86156 Augsburg, etwas spenden möchte, kann dies unter folgender Bankverbindung tun: IBAN: DE39 7205 0000 0810 8048 31; BIC: AUGSDE77. Spenden und Jahresbeitrag bei einer Mitgliedschaft können steuerlich abgesetzt werden.