Denkmalpreis -- Verleihung: Industriearchitektur im Focus

18. Mai 2017: Zwei ehemalige Industrieanlagen erhalten den „Denkmalpreis 2016“ des Bezirks Schwaben für eine vorbildlich denkmalpflegerische Sanierung und Umnutzung: Die Produktionsgebäude der Lammbrauerei in Dillingen (15.000 Euro) und das Großprojekt „Augsburger Schlachthof-Quartier“ (nicht dotiert). Sonderpreise gehen nach Mindelheim (Landkreis Unterallgäu) an ein Kleinsthaus an der Stadtmauer sowie an das Fernsemmerhus in Scheffau (Landkreis Lindau). Preisverleihung am 20. Mai in Schloss Höchstädt (Landkreis Dillingen).
Denkmalpreis 2016 (nicht dotiert) an die Dierig Textilwerke GmbH für Sanierung des Schlacht- und Viehhofes in Augsburg für

Erstmals verlieh der Bezirk Schwaben zusätzlich einen nicht dotierten Denkmalpreis. Die Dierig Textilwerke GmbH erhalten ihn für die wegweisende denkmalpflegerische Sanierung und Umnutzung des Schlacht- und Viehhofes in Augsburg. Sie ist ein weit über Bayern hinausweisendes Revitalisierungsprojekt einer weitläufigen Industrieanlage.

Augsburg (pm). Historische Altstadtfeste, das Aufleben von Bräuchen, altem Handwerk oder das „wieder Tracht tragen“ erfreuen sich hierzulande großer Beliebtheit. Das neue Interesse an Heimat und Tradition fördert auch ein neues Bewusstsein für die langwierige, aber nachhaltige Arbeit der Denkmalpflege als einen unschätzbar wichtigen Dienst an der Allgemeinheit: „Denn Dorf- und Stadtbilder erhalten, heißt Heimat erhalten“, betont Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert zur Preisverleihung. „Zunehmend erscheint auch Vielen ein liebloser oder rein nach materiellem Nutzen ausgerichteter Umgang mit der historischen Substanz unserer gewachsenen Kulturlandschaften unverständlich. Dank des außerordentlichen Engagements tatkräftiger Bürger konnten für den Denkmalpreis 2016, erstmalig um einen nicht dotierten Denkmalpreis ergänzt, besondere Objekte aus unserer Region ausgezeichnet werden“, freut sich Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert nach dem Bezirksbeschluss.

 

Denkmalpreis 2016 (nicht dotiert)

Er geht an die Dierig-Textilwerke GmbH zu Händen von Bernhard Schad und Benjamin Dierig: Ihre denkmalpflegerische Sanierung und Umnutzung des Schlacht- und Viehhofes in Augsburg ist ein weit über Bayern hinaus weisendes Revitalisierungsprojekt einer weitläufigen Industrieanlage.

2006/2012 erwarb die Firma Dierig den größten Teil der um 1900 errichteten, bis 2000 betriebenen Anlage auf einem gut sechs ha großen Gelände. Im Einzelnen wurden saniert: Schweinehalle, Gastwirtschaft, Großviehhalle/Kälberhalle, Nachtstallungen, Schlachthalle, Kühlhaus und Kesselhaus. Die zentrale Grünfläche wird von alten Kastanien umrahmt und ist ein vielbesuchtes Schmuckstück. Lieblose neuere Eingriffe wurden zurückgebaut, so dass ein würdevoll gealtertes und repariertes Ensemble zu besichtigen ist. Die Gebäude haben vielerlei Nutzer erhalten: Feinkosthandel, Gastronomie, Brauerei, Lehrwerkstätten, Büros, Großbäckerei, Ausstellungsfläche, Sportstudio, Lagerfläche, Autopflege, Café, Freiluftnutzung. In Augsburg ist ein hochwertiger und sehr gut angenommener Kultur-, Gewerbe- und Freizeitstandort entstanden, der das ganze Viertel aufwertet. Die Sanierungskosten betrugen rund 14 Millionen Euro. „Die Textilwerke Dierig haben die architektonische und städtebauliche Qualität der Anlage erkannt und die Erhaltung und In-Wert-Setzung denkmalgeschützter Gebäude in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalschutzbehörde zum Ausgangspunkt des Projekts gemacht“, freut sich der Bezirksheimatpfleger: “Kulturelle Qualität zahlt sich aus!“

Architekt: Thomas Kraus, Haustechnik: Jörg Merbold, Landschaftsarchitekt: Uli Möhrle.

 

 

Denkmalpreis 2016, dotiert mit 15.000 Euro

Ihn erhält die Eigentümerin Dr. Sigrid Mack für die äußerst gelungene denkmalpflegerische Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Produktionsgebäudes der Lammbrauerei Joseph Probst KG in Dillingen.

Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl lobt den kreativen Umgang mit Industriearchitektur, auch welche städtebaulichen Qualitäten ein sorgfältig erhaltenes Industriequartier entfalten kann: „Eine völlige Umnutzung ist selten, benötigt Kreativität und Phantasie. Im Fall der ehemaligen Lammbrauerei wurde sie getragen von der Urenkelin des Bauherrn, die im Gebäude aufwuchs und ihr Elternhaus erhalten wollte“. Die Familie Mack hat sich persönlich um jedes Detail gekümmert und in über 2.000 Arbeitsstunden mit Hand angelegt. Es wurden zehn Wohnungen geschaffen, der zentrumsnahe Wohnstandort gestärkt, eine attraktive Grünanlage und ein städtebaulich und architektonisch bedeutendes Industriedenkmal gestaltet. Die Maßnahme kostete 2.396.706 Euro, wurde mit 359.900 Euro von der Städtebauförderung gefördert, die Eigenmittel der Eigentümer betrugen 2.036.806 Euro.

Architekten: Moser + Ziegelbauer, Nördlingen

 

 

Denkmalsonderpreis „Kleinsthaus an der Stadtmauer Mindelheim“(Landkreis Unterallgäu), dotiert mit 7.500 Euro,

Er geht an die Bauherren Susanne Steinel und Raimund Gabriel für die denkmalpflegerisch vorbildliche Sanierung eines selten gewordenen städtischen Kleinsthauses. Das an die nördliche Mindelheimer Stadtmauer direkt angebaute schmale, zweieinhalb bis drei Meter breite und zwölf Meter lange, dreigeschossige Haus mit einer Nutzfläche von 90 m² gefällt durch seine aufwendige Fassade. Die Sanierung ist laut Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl bemerkenswert: „Die besonderen Raumzuschnitte und die Einrichtung eröffnen eine ganz spezifische Wohnqualität. In einem eher vernachlässigten Bereich des Altstadtensembles von Mindelheim stellt es einen hoffnungsvollen Lichtblick dar, der Charme der Kleinhäuser in der Kirchgasse wird erkennbar. Die Möglichkeit, dieses Haus zu erhalten, ist eine Meisterleistung der Denkmalpflege!“ Die Sanierungskosten betrugen 390.000 Euro und wurden vom Bezirk Schwaben mit 10.00 Euro gefördert.

Architekt: Kreutzer Architekten BDA, Augsburg

 

 

Denkmalsonderpreis „Fernsemmerhus in Scheffau“ (Landkreis Lindau), dotiert mit 7.500 Euro,

Ihn bekommen die Eigentümer Prof. Dr. Michael und Christa Pfanner für die denkmalpflegerische vorbildliche Sanierung. Das repräsentative und verschindelte Wirtshausgebäude mit Bäckerei und Landwirtschaft stand seit 2000 leer und war bestandsgefährdet, der Abriss wurde, wie beim Nachbarhaus, angestrebt. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege ließ wegen der Bedeutung des Gebäudes 1988 ein verformungsgerechtes Aufmaß aufnehmen. „2013 bis 2015 wurde es in einer bemerkenswert zurückhaltenden Weise instand gesetzt“, betont Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl, „denn sowohl innen als auch außen war die Substanz nahezu original erhalten! Der Bestand wurde nur konserviert, d.h. man reinigte, reparierte, besserte aus, aber man verbesserte nichts. Die Atmosphäre erinnert an ein volkskundliches Museum mit dem Unterschied, dass hier alles echt ist“, freut sich Fassl. Das Gasthaus ist wieder für Feste geöffnet, ebenso der Dorfladen, im ersten Obergeschoss ist ein Architekturbüro. Laut Dr. Fassl „kann man mit aller Expertise nicht mehr tun“. Die Maßnahme kostete 500.000 Euro.

 

 

Denkmalpreis-Kriterien des Bezirks Schwaben

- die fachliche Qualität der Maßnahme

- das finanzielle Engagement des Eigentümers

- die Kreativität bei der Durchführung

- die Bedeutung des Denkmals.

Von den Kreis- und Stadtbauverwaltungen, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und den Heimatpflegern wurden zahlreiche Vorschläge eingereicht.

 

Folgende Gesichtspunkte sind hervorzuheben

Denkmale bewahren die historische Baukultur. Dorf- und Stadtbilder erhalten, heißt Heimat erhalten. Erinnerungen an vertraute Orte geben Halt und Sicherheit, jeder Ort, jedes Gebäude ist einzigartig. Denkmale sind gebaute Geschichte. Sie bewahren die Erinnerung und ermöglichen Orientierung. Denkmalpflege ist eine kreative Aufgabe für den Bauherrn und den Architekten.

In der Regel stellen sich drei Themen: Erhalten, Umnutzen, mit neuem Leben erfüllen. Fremdenverkehr ohne Denkmäler ist kaum möglich. Sie bedeuten eine Attraktivität von Ortschaften, Plätzen und Straßen sowie mehr Lebensqualität für die Denkmaleigentümer. Die Leistung der Denkmaleigentümer liegt im persönlichen Einsatz, ist eine anspruchsvolle Tätigkeit sowie ein unbezahlter Dienst an der Allgemeinheit. Denkmalpflege bedeutet nicht nur Mühe, sondern vor allem Freude an Denkmälern.

In Bayern hat der Denkmalschutz nach Artikel 141 sogar Verfassungsrang: „Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie der Landschaft zu schützen und zu pflegen“.

 

 

Ansprechpartner

Bezirksheimatpfleger Dr. Peter Fassl, Telefon 0821/3101-309; heimatpflege@bezirk-schwaben;