Ein weiterer Leuchtturm auf der Lindauer Insel - Tagesklinik Lindau feiert 20-jähriges Bestehen
Die Tagesklinik Lindau hat ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. Als die Einrichtung am 8. Juli 1999 im ehemaligen Elisabethen-Krankenhaus eröffnet wurde, da betrat man damals Neuland, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bezirkskliniken Schwaben, Thomas Düll, vor 100 Gästen im Rokokosaal des Landratsamtes. Nirgendwo sonst in Bayern habe es eine singuläre Tagesklinik gegeben. „Seither hat eine Vielzahl von Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, hier eine professionelle und in beachtenswerter Weise sehr persönliche Betreuung gefunden“, stellte Düll fest. Es gebe kaum Kriterien, die eine Aufnahme verhinderten. Selbst Patienten mit schwerwiegenderem Krankheitsverlauf müssten nur ganz selten in vollstationäre Einrichtungen verlegt werden. Im Fall Lindaus wäre dies das Bezirkskrankenhaus (BKH) Kempten, zu dem die Tagesklinik organisatorisch gehört. Sie ist quasi ein psychiatrischer Vorposten in der bayerischen Bodenseeregion.
Die Einrichtung mit der angegliederten Institutsambulanz in der Fischergasse ist eine Klinik ohne Betten. Abends und am Wochenende können die Betroffenen nach Hause in ihr gewohntes Umfeld zurückgehen. Das Besondere, so der oberärztliche Leiter Dr. Jörg Sautier, sei, dass einige dies gar nicht wollten: Sie fühlten sich in der Tagesklinik offensichtlich sehr wohl und wertgeschätzt. „Die Beziehungen zu den Patienten, die wir aufbauen, sind unser Erfolgsrezept“, sagte Dr. Sautier. „Wir begleiten die Patienten mitunter sehr lange.“ Die Tagesklinik mit ihren 20 Plätzen bezeichnete er als „Perle in der Versorgungslandschaft“. Der Übergang zwischen ambulantem und teilstationärem Angebot sei fließend. Weil die nächste bettenführende Einrichtung so weit weg sei, habe sich das Team der Tagesklinik immer als Akuteinrichtung verstanden – und sie tut dies immer noch. „Es klappt ganz gut. Mit dem schweren Teil der Psychiatrie haben wir glücklicherweise fast nichts zu tun.“
„Vor Ort wird eine tolle Arbeit gemacht“, lobte Prof. Dr. Markus Jäger. Der Ärztliche Direktor des BKH Kempten dankte insbesondere den Patienten, die hierherkommen und das Angebot der Tagesklinik Lindau annehmen.
Für den Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender der Bezirkskliniken Schwaben, ist die Tagesklinik Lindau „ein besonders leuchtendes Beispiel für Dezentralisierung“. Eine vollstationäre psychiatrische Einrichtung würde sich hier nicht tragen. Deshalb sei es gut, dass die Tagesklinik eingebettet sei in den großen Verbund der Bezirkskliniken Schwaben, einer Tochter des Bezirks Schwaben. „Sie bietet wirtschaftlichen Rückhalt“, so Sailer. Der Bezirk habe mit der Gründung vor zwei Jahrzehnten ein Lücke geschlossen. Das Konzept „hin zu den Menschen“ sowie vor Ort präsent zu sein habe sich bewährt. Bis heute erfülle der Bezirk als Sozialhilfeträger wichtige soziale Aufgaben und biete viele ambulante Angebote, sagte der Bezirkstagspräsident.
Oberbürgermeister Dr. Gerhard Ecker erinnerte daran, dass sich die Tagesklinik auf historischem Grund befinde. Im ehemaligen Elisabethen-Krankenhaus, in der heimischen Bevölkerung kurz „Eli“ genannt, sei eine Geburtenstation untergebracht gewesen. „Bis heute gelten nur jene als echte Lindauer, die im Eli geboren worden sind“, sagte Ecker. Die Tagesklinik sei doppelt wichtig für die Stadt: Zum einen biete sie ein niederschwelliges Angebot; zum anderen mache sie deutlich, dass Hilfesuchende nicht allein gelassen werden.
Nach Ansicht der stellvertretenden Landrätin des Landkreises Lindau, Barbara Krämer-Kubas, ist die Einrichtung im regionalen Versorgungssystem nicht mehr wegzudenken. Das Jubiläum sei ein guter Anlass, die Bedeutung des Bezirks und seiner Bezirkskliniken im sozialen und pflegerischen Bereich in den Fokus zu rücken. Das sei der Bevölkerung viel zu wenig im Bewusstsein. Barbara Krämer-Kubas dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre so wertschätzende Arbeit. Diese sei geprägt von Fachkompetenz, Empathie und Geduld zum Wohle der Patienten.
Für viel Schmunzeln sorgte ein Filmbeitrag, den Tara Lanzendorfer (eine FSJ-lerin) und Theresia Wiesmann (Bewegungstherapeutin) erstellt hatten. Die beiden waren auf die Straße gegangen und hatten Passanten so einiges gefragt: Ob sie die Tagesklinik kennen und ob sie dort Hilfe suchen würden; wie eine Tagesklinik nach ihrer Meinung auszusehen habe und was sie von einer „Nachtklinik“ halten würden. Beim Namen „Dr. Sautier“ mussten beinahe alle passen („Nie gehört“ – „Ne, kenne ich nicht.“). Für diesen kurzweiligen Streifen, der einige lustige und unerwartete Antworten parat hielt, gab es viel Applaus.
Auch von Thomas Düll. Er ist sich sicher, dass – bei aller schwäbischen Bescheidenheit – in den vergangenen zwei Jahrzehnten „in einem kleinen, feinen Rahmen etwas Großartiges etabliert wurde“. Großes Lob vom Vorstandsvorsitzenden für alle Lindauer Kolleginnen und Kollegen.