Inklusion in der Arbeitswelt: Arndt Memmingen zeigt, wie es geht
„Ich arbeite lieber hier als in der Werkstatt - hier ist einfach mehr los." Man merkt: Florian Jilek ist an seinem Arbeitsplatz angekommen, er geht in seiner Tätigkeit auf. Das war für den 25jährigen allerdings kein ganz gerader Weg. „Als er vor etwas mehr als zwei Jahren hier anfing, war er sehr schüchtern, sehr in sich zurückgezogen und sprach kaum ein Wort", schildert Andreas Giray, „diese Verwandlung zu einem selbstbewussten Menschen zu sehen, da freut man sich mit."
Motivierte Mitarbeiter, das weiß der Niederlassungsleiter von Arndt Memmingen, sind ein wichtiges Kapital. Doch bei dem Logistik-Betrieb, das zu einem Verbund mittelständischer Familienunternehmen gehört, die sich auf den Vertrieb von Hygiene- und Medizinprodukten, Reinigungschemie, Hotelkosmetik und ähnliche Produkte konzentrieren, tut man noch ein wenig mehr: Am Standort in Erkheim zeigt man, wie Integration, Inklusion und Wirtschaftlichkeit zusammengehen können.
Bereits vor etwas mehr als zwölf Jahren gab Andreas Giray mit Valerie Ndelongo einem Flüchtling, der kein Wort Deutsch sprechen konnte, eine Chance und einen Arbeitsplatz. Inzwischen ist Valerie Ndelongo perfekt integriert - und wacht im großen Lager von Arndt Memmingen über „seinen" Schützling Florian Jilek. Der junge Mann kam über das Programm „BÜWA" von den Unterallgäuer Werkstätten zu dem Betrieb, der seinen Sitz in Erkheim hat. Über BÜWA soll der begleitete Übergang aus einer Werkstätte für Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Das Projekt läuft in einer Kooperation zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit und dem Bayerischen Bezirketag zwar bayernweit, in Schwaben - und dort vor allem im Unterallgäu - jedoch besonders gut. Von den derzeit 189 Teilnehmern im Freistaat kommen 45 aus dem Bezirk Schwaben, 13 davon aus den Unterallgäuer Werkstätten.
„Wir hatten bereits vor BÜWA ein eigenes schwäbisches Programm, das sich bewährt hat - Ziel war auch dabei, Menschen mit einer Behinderung durch entsprechende Qualifizierung und Begleitung aus der Werkstatt heraus einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu vermitteln", so Bezirkstagsvizepräsident Alfons Weber nun bei einem Besichtigungstermin in Erkheim. Sozialstaatssekretär Johannes Hintersberger wollte die Möglichkeit nutzen, sich vor Ort bei Arndt Memmingen persönlich zu überzeugen, wie dieses Inklusionsprojekt in der Praxis läuft.
„Natürlich ist es wichtig, dass die Geschäftsführung erst einmal grundsätzlich offen dafür ist, Menschen mit Behinderung einzustellen", betonte Andreas Giray, „aber nicht nur die Chefs müssen das wollen, das muss die Belegschaft mitleben." Bei Arndt Memmingen kein Problem, sagt Logistikleiter Norbert Renn: „Wir behandeln jeden gleich, ob das ein Praktikant ist, ein Azubi oder ein neuer Mitarbeiter wie Florian."
Sehr wichtig seien bei „BÜWA" jedoch für alle Beteiligten der Kontakt zur Werkstätte sowie begleitende Maßnahmen wie beispielsweise ein Mentorentreffen gewesen, so Renn. Richard Hack, Gesamtbetriebsleiter der Unterallgäuer Werkstätten, bestätigt dies: „Es geht nur mit ganz individueller Begleitung, um für den jeweiligen Werkstattmitarbeiter den passenden Arbeitsplatz zu finden." Zudem sei die Information und Vorbereitung der neuen Kollegen zwingend notwendig, um auf die Bedarfe und manchmal auch „auf die nicht angepassten Verhaltensweisen" von Menschen mit Behinderung vorzubereiten. „Oft fehlt es da zunächst an Verständnis - das kann aber aufgefangen werden", so Hack.
Auch beim Bezirk bemüht man sich mit verschiedenen Aktivitäten - beispielsweise einem Fachtag im November - hier noch mehr Unternehmen zu motivieren, so Inklusionsbeauftragter Stefan Dörle, zuständig auch für BÜWA.
Gegenüber der Politik äußerte der Vertreter der Unterallgäuer Werkstätten jedoch auch Wünsche: Mit dem Bundesteilhabegesetz und den veränderten Rahmenbedingungen wird das bayerische Projekt BÜWA voraussichtlich enden. „Wichtig wäre es, die Erfahrungswerte mitzunehmen, vor allem bei der Inklusion auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eine Nachbetreuung der Menschen für einen längeren Zeitraum abzusichern", so Hack.
Staatssekretär Hintersberger nahm die Anregungen ebenfalls mit nach München zurück. Und hinterließ eine Botschaft: „Wie Inklusion bei Arndt Memmingen verwirklicht wird, das ist beeindruckend", so Hintersberger, „und ein Signal an andere Unternehmen: Es geht!".