Jubiläumsfeier 30 Jahre HOI! Psychosoziale Hilfsgemeinschaft e.V.
Zum Jubiläum gratulierten Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, Landrat Anton Klotz und der Beauftragte der Stadt Kempten für Menschen mit Behinderung, Lothar Köster, außerdem die Bezirksrätinnen Renate Deniffel und Barbara Holzmann.
Nach der Eröffnung durch den 1. Vorsitzenden Carlos Martinez grüßte Bezirkstagspräsident Reichert den Verein und insbesondere die anwesenden Gründungsmitglieder. Der HOI!-Verein sei ein glaubwürdiger Vertreter für die Inklusion psychisch kranker Bürger und Bürgerinnen. Für seine Einladung zu einem Ausflug für die Beschäftigten und Klienten zu einer gemeinsamen Führung im Bauernhofmuseum Illerbeuren gab es ebenso Applaus wie für die tagesaktuelle Neuheit, dass bereits für 2018 Gelder für einen Krisen- und Notfalldienst bereitstünden.
Launig stieg Landrat Klotz ein: wenn er ein Schiff auf der Iller sieht, sage der Hamburger „Schiff ahoi!", der Allgäuer „Hoi, a Schiff!". Das Allgäuer „Hoi" als Ausruf des Erstaunens gelte auch für die Fähigkeiten von Menschen mit seelischer Behinderung. Viele von ihnen können mit der passenden Unterstützung und guten Rahmenbedingungen wieder gute Arbeit leisten. Seine Aufgeschlossenheit für eine Kooperation mit der öffentlichen Hand verdeutlichte Landrat Klotz an einem Beispiel aus seiner Zeit als Haldenwanger Bürgermeister: nach dem Bau des Seniorenheims beauftragte er HOI! e.V. mit der Pflege des Außengeländes; diese Zusammenarbeit funktioniert bis heute bestens. Und heute unterstützt er als Mitglied der ZAK erbandsversammlung das geplante Re-Use-Projekt.
Lothar Köster, der Beauftragte der Stadt Kempten für Menschen mit Behinderung ging in seiner Ansprache auf das gemeinsame Arbeiten am kommunalen Aktionsplan Kempten ein. Er beschrieb das gemeinsame Ringen um eine gute Zielformulierung im Bereich Wohnraum für benachteiligte Menschen. Auch künftig solle gemeinsam nach guten Lösungen für Teilhabeprobleme gesucht werden.
„Jedes vernünftige Tier hat vier Beine und jeder vernünftige Verein hat Profis, Ehrenamtliche, Angehörige und Psychiatrieerfahrene". Damit brachte Dr. Albrecht Egetmeyer, Gründungsmitglied und früherer ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses zum Ausdruck, dass komplexe Hilfebedarfe multiprofessionell und unter Einbeziehung aller Beteiligten verhandelt und beantwortet werden müssen.
Den Festvortrag hielt schließlich der neue ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses Prof. Dr. Markus Jäger. Psychiatrie betrachte den Menschen nicht nur in seinen körperlichen Zusammenhängen, sondern sehe den Menschen als Kulturwesen in seiner jeweiligen Gesellschaft. Und da stehe aktuell besonders die Frage der Autonomie der psychisch erkrankten Personen im Mittelpunkt und das Dilemma, wie weit im jeweils individuellen Fall die Selbstbestimmung gehen bzw. wann die Fürsorge einsetzen müsse.
Frau Konstanze Könning-Egetmeyer, ehrenamtliches Vorstandsmitglied, ehrte verdiente langjährige Mitarbeiter: für 10 Jahre Günther Werschin, für 16 Jahre Gabriele Lochbihler, für 20 Jahre Claudia Reichenbacher. Geehrt wurde stellvertretend für alle ehrenamtlichen Helfer Frau Erika Epple, die seit 2014 mit großem Einsatz weite Teile der Hausverwaltung übernommen hat. Geschäftsführerin Petra Ruf dankte den Vorständen Konstanze Könning-Egetmeyer, Carlos Martinez, und Prof. Dr. Johannes Zacher für ihr ehrenamtliches Engagement und die engagierte Übernahme der Führungsverantwortung im gemeinnützigen Verein.
Die Musikgruppe Cellótria schuf mit ihrer teils konzertanten, teils entspannenden Musik genau den richtigen Rahmen für das Jubiläumsfest.
Informationen zu HOI! e.V.
Im Jahr 1987 wurde die Psychosoziale Hilfsgemeinschaft e.V. HOI! e.V. aus der Taufe gehoben. Damals gab es zwar einige Heime außerhalb der Stadt, aber keine Hilfen in den eigenen vier Wänden. „Gäbe es einen Hilfsverein, könnte diesen Menschen geholfen werden", so war die einhellige Meinung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Allgäu. Und weil „der Mensch die beste Medizin für den Menschen ist", so damals eines der Gründungsmitglieder, Dr. Albrecht Egetmeyer, damals Chefarzt des neuen Bezirkskrankenhauses, entschlossen sich 45 Angehörige und Mitarbeiter des Bezirkskrankenhauses Kempten, einen Verein zu gründen, der besonders psychisch kranken Menschen nach der Entlassung aus der Klinik beistehen sollte. Der Verein wollte flexibel auf die Bedürfnisse von Betroffenen und ihren Angehörigen eingehen: schon damals ging es vor allem darum, dass Bürger und Bürgerinnen mit einer seelischen Behinderung wieder am gesellschaftlichen Leben in ihrer Wohnumgebung teilnehmen können. Ziele waren damals wie heute die Entwicklung differenzierter Angebote. Besonderes Augenmerk wurde auf die Bereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit gelegt.
Bis heute engagiert sich der Verein HOI! für ca. 100 erwachsene Personen mit psychischer Erkrankung in Kempten und dem Altlandkreis und bietet ganz individuelle Unterstützung an.
Wohn- und Lebenshilfe (ca. 40 Personen):
HOI! e.V. assistiert seit 1997 zu Hause oder in der Wohngemeinschaft bei der Alltagsbewältigung und beim Umgang mit Krankheitsfolgen. Diese Begleitung ist ganz individuell angepasst: bei Hausbesuchen werden mit der Bezugsperson die persönlichen Themen besprochen, die Fachleute unterstützen in Krisen und beim Umgang mit Behörden, Ärzten und Kliniken, aber auch im Haushalt, beim Einkaufen und beim Kochen. Bei Bedarf können auch Reinigungsarbeiten übernommen werden. Inklusion - das „Dazugehören" - zeigt sich besonders in der Freizeit; das Spektrum reicht vom Flohmarktverkauf über Kino- und Theaterbesuche, Koch- und Gartengruppe, Sauna- und Schwimmbadbesuchen bis zu mehrtägigen Freizeiten. So können die Erkrankten den Weg in ein möglichst eigenständiges Leben finden, wenn sie in ihren eigenen Wänden wieder neue Lebensqualität entdecken oder bei gemeinsam verbrachter Freizeit Zugehörigkeit, Freude und Wertschätzung erleben.
Arbeit und Beschäftigung (ca. 30 Personen):
Für den Zweckverband für Abfallwirtschaft (ZAK GmbH) betreibt der Verein die Wertstoffhöfe am Schuhmacherring in Kempten und in Durach. Die unterschiedlichen Arbeitsplätze am Wertstoffhof eignen sich sehr gut, um die verschiedenen Fähigkeiten, Kenntnisse und die Belastbarkeit der einzelnen Mitarbeiter zu berücksichtigen. Die Wertstoffhöfe bieten wertvolle Arbeitsplätze, weil sie sowohl vom handwerklichen Anforderungsprofil, vom Hintergrundwissen bezüglich der Verwertungsvorgaben, als auch vom zeitlichen Umfang individuell unterschiedlich auf die Mitarbeiter angepasst werden können. Je nach individueller Leistungsfähigkeit sind sie zwischen 2 und 30 Stunden pro Woche beschäftigt. Darüber hinaus sind die Arbeitsplätze nicht irgendwo „unscheinbar", sondern befinden sich inklusiv „mittendrin", dort wo viele Menschen hinkommen - in Spitzenzeiten werden 800 Kunden in drei Stunden bedient. Die Mitarbeiter bekommen von den Kunden häufig positive Rückmeldungen, da sie ihre Arbeit mit Sachverstand und Hingabe erledigen. Weitere Arbeitsplätze stellt der eigene Dienstleistungsservice bei Räumungen und einfachen Gartenarbeiten zur Verfügung. Diese Arbeitsplätze beinhalten das, was Menschen, egal ob mit oder ohne Beeinträchtigung, mit einem Arbeitsplatz verbinden – Wertschätzung, Einkommen, Teilhabe, soziale Kontakte, Tagesstrukturierung.
Wohnraumbeschaffung und –Verwaltung (ca. 30 Personen)
Der angespannte Wohnungsmarkt ist für Personen mit seelischer Behinderung nur eingeschränkt zugänglich. Deshalb bietet HOI! auch Wohnraum an und tritt gegenüber dem Vermieter bürgschaftlich auf; das Risiko für Mietausfälle, Leerstand, Sachschäden etc. nimmt der gemeinnützige Verein auf sich.
Die Wohn- und Lebenshilfe sowie die Beschäftigung werden von öffentlichen Leistungsträgern gefördert, z.B. durch den Bezirk Schwaben, durch das Integrationsamt, durch die Arbeitsagentur oder das Jobcenter. Die vielfältigen Aufgaben des Vereins könnten jedoch ohne Spenden nicht gestemmt werden, dazu zählen z.B. die Freizeitgestaltung, die Ausstattung der Wohnungen mit Mobiliar oder das Mittagessen auf dem Wertstoffhof. Der Verein lebt auch heute vom ehrenamtlichen Engagement der Mitglieder im Verein, im Vorstand, am Wertstoffhof, bei Räumungen, in der Verwaltung, in der Begleitung der KlientInnen oder bei der Öffentlichkeitsarbeit.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite von HOI! e.V.: www.hoi-verein.de
Pressekontakt:
Petra Ruf, Geschäftsführerin HOI! e.V., Stiftsgartenweg 10, 87439 Kempten
Tel.: 0831-27565; E-Mail: ruf@hoi-verein.de ; www.hoi-verein.de