Kaufbeurer Forensik schafft neue Einheit
Nach dreieinhalbjähriger Bauzeit ist der Erweiterungsbau der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Kaufbeuren eingeweiht worden. Es ist eines der größten Krankenhaus-Bauvorhaben der vergangenen Jahre im Allgäu und hat 32,7 Millionen Euro gekostet. Die Kaufbeurer Forensik befindet sich auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses (BKH), ist aber eine eigenständige Klinik. Sie wird künftig 218 Betten haben und ist damit die größte Maßregelvollzugsklinik in Bayerisch-Schwaben. Bis der Anbau jedoch in Betrieb genommen wird, werden wohl noch mehrere Monate vergehen. Die aufwendige Technik und die umfangreichen Sicherheitssysteme müssen erst noch auf Herz und Nieren geprüft und die Abläufe getestet werden.
Die Forensik ist ein notwendiger Bestandteil der psychiatrischen Versorgung. Dort sind Menschen untergebracht, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung oder Intelligenzminderung mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind. Sie sind im Maßregelvollzug, weil sie nach Ansicht eines Gerichts eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit begangen haben. Sehr viele Patienten in Kaufbeuren leiden unter einer Suchterkrankung. Alle, die kommen, wurden von Gerichten zugewiesen und werden von Gerichten auch wieder entlassen. Die Patientinnen und Patienten unterstehen der Kontrolle durch die Justiz. „Die Bezirkskliniken Schwaben sind im Maßregelvollzug im Auftrag des Freistaats Bayern tätig, der uns diese Aufgabe übertragen hat und der demnach auch für alle Kosten samt der Bauinvestition aufkommt", erläuterte Thomas Düll, Vorstandsvorsitzender der Bezirkskliniken Schwaben, bei der Einweihungsfeier.
Den Vorstandsvorsitzenden freut, dass die Zeit der ausgelagerten Stationen – verstreut über gesamte Kaufbeurer BKH-Gelände – und die damit verbundenen schwierigen räumlichen Verhältnisse vorbei sind. Mit dem Anbau an das bestehende sogenannte C-Gebäude gibt es künftig eine Einheit. „Alles ist künftig unter einem Dach vereint und kompakt beieinander", unterstrich Düll. Es gibt nur noch einen Eingangsbereich und eine Sicherheitszentrale, was zur Folge hat, dass auch die Sicherheit für Bevölkerung und Beschäftigte erhöht worden ist.
Auch wenn die Sicherheitsvorkehrungen denen einer Justizvollzugsanstalt entsprechen: Wie ein Gefängnis sieht die Forensische Klinik nicht aus. Hier sucht man Stacheldraht und Gitter an den Fenstern vergeblich. Stattdessen wurden helle, freundliche Farben verwendet und Fußböden mit ansprechenden brauen Holztönen eingebaut. Neu entstanden sind ein Innenhof mit hoher Aufenthaltsqualität und eine Turnhalle.
„Der Neubau soll zu einer noch besseren Therapie beitragen. Das therapeutische Arbeiten mit den Patienten steht im Vordergrund", sagte Dr. Dorothea Gaudernack, Leiterin des Amtes für Maßregelvollzugs (Nördlingen). Wie sie in ihrem Festvortrag ausführte, kostet jeder forensische Patient etwa 100.000 Euro im Jahr. Nach Aussage von Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert ist das Ziel der Forensik, den dort untergebrachten Patienten eine menschenwürdige Unterkunft und eine gute Betreuung zu bieten, damit sie am Ende wieder voll rehabilitiert in der Gesellschaft leben können.
Oberbürgermeister Stefan Bosse, zugleich Verwaltungsratsmitglied der Bezirkskliniken Schwaben, erinnerte an die Zeiten um den „Fall Mollath", als es ein „regelrechtes Kesseltreiben auf Justiz und Psychiatrie" gegeben habe. „Auch wenn die Forensik in Kaufbeuren momentan kein Thema ist: Ich weiß, dass sich das ganz schnell ändern kann", sagte Bosse. Dennoch bekenne er sich klar zur Forensik. „Ich stehe dazu und bin froh, dass es diese Einrichtung in Kaufbeuren gibt."
Um den An- und Umbau zu verwirklichen, mussten 103 beteiligte Firmen, Gewerke und Planungsbüros koordiniert werden, berichteten die Architekten Michael Gibbesch und Martin Feldengut. „Hier ist ein großartiges Gebäude entstanden. Wirklich großartig sind jedoch die Mitarbeiter. Ohne ihr Engagement war das alles nichts", stellte der Ärztliche Direktor der Kaufbeurer Forensik, Norbert Ormanns, lobend fest. In der Maßregelvollzugsklinik arbeiten 150 Beschäftigte.