Klaus-Koeppen-Preis für Professor Rüsch und seine Forschungsgruppe
Neben den Symptomen ihrer Erkrankung kämpfen Jugendliche oft mit Stigmatisierung und ihren Folgen wie Scham und sozialem Rückzug. Daraus resultiert in vielen Fällen eine Verschlimmerung des Krankheitsverlaufs. Die Jugendlichen stehen dabei vor der schwierigen Entscheidung, ob und wie sie anderen von ihrer Erkrankung erzählen sollen.
Das IWS-Programm unterstützt junge Menschen bei dieser Entscheidung. Es besteht aus drei Sitzungen à zwei Stunden. Darin beschäftigen sich die Jugendlichen in Gruppen unter anderem mit ihrem Selbstbild, den Vor- und Nachteilen einer Offenlegung beziehungsweise Geheimhaltung sowie dem geeigneten Rahmen dafür. Geleitet werden die Gruppen dabei nicht nur von Psychologen, sondern auch von jungen Erwachsenen, die selbst eine psychische Erkrankung überwunden haben. IWS basiert auf dem Gruppenprogramm „Honest, Open, Proud“, des US-Amerikaners Patrick W. Corrigan und Kollegen. Prof. Dr. Nicolas Rüsch und seine Forschungsgruppe übertrugen „Honest, Open, Proud“ ins Deutsche und passten das Programm zudem an den deutschen Kulturraum an.
In einer Studie mit 98 psychisch erkrankten Jugendlichen evaluierten Nadine Mulfinger, Nicolas Rüsch und ein interdisziplinäres Team die Durchführbarkeit und Wirksamkeit von IWS – bis dato existierten weltweit keine Daten zu IWS in dieser Altersgruppe. Das Ergebnis: „In Würde zu sich stehen“ kann die Voraussetzungen für soziale Integration und die Bewältigung des Alltags psychisch erkrankter Jugendlicher verbessern. So konnten signifikant positive Effekte nachgewiesen werden: Im Vergleich zur Kontrollgruppe sank die Belastung durch Stigma-Stress bei Programmteilnehmern. Außerdem verbesserten sich unter anderem Lebensqualität, depressive Symptome und die Bereitschaft, bei Bedarf Hilfe in Anspruch zu nehmen, signifikant.
Ministerpräsident a. D. Prof. Erwin Teufel und Wissenschaftsminister a. D. Prof. Peter Frankenberg haben den Preis in Stuttgart überreicht. „Mit dem Preisgeld wollen wir IWS weiterentwickeln, Betroffenen zur Verfügung stellen und seine Wirksamkeit weiter untersuchen – unter anderem in Bezug auf die Nachhaltigkeit der Effekte und Auswirkungen auf die Bewältigung von Schule und Ausbildung“, so Prof. Dr. Nicolas Rüsch. Das Projekt entstand in enger Kooperation interdisziplinärer Forscher und Praktiker – etwa der Bereiche Sozialpsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Sozialwissenschaften, Statistik und Gesundheitsökonomie – aus den Ländern Deutschland, Großbritannien und den USA. Beteiligte Kooperationspartner waren unter anderem die Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Ulm, Augsburg und Ravensburg-Weissenau.
Die Gips-Schüle-Stiftung fördert Forschung, Nachwuchs und Lehre in Baden-Württemberg. Der Fokus liegt dabei auf den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) sowie auf interdisziplinären Projekten. „Technik für den Menschen“ lautet das Motto, unter dem die Stiftung alle zwei Jahre ihre Preise verleiht.