Klinik für Neurologie bekommt einen neuen Träger

11. Oktober 2022: Kaufbeurer Einrichtung geht von den Bezirkskliniken Schwaben zum Kommunalunternehmen Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren über. Etwa 90 Beschäftigte werden 1:1 übernommen. Keine Auswirkungen auf die Patientenversorgung.

Die Bezirkskliniken Schwaben geben eine jahrzehntelange Tradition auf. Zum 1. Januar 2023 soll die Klinik für Neurologie in Kaufbeuren unter der alleinigen Trägerschaft des Kommunalunternehmens Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren weitergeführt werden. Begründet wird dieser Schritt mit den immer schwieriger werdenden rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen. Die Neurologie ist zwar räumlich ins Klinikum Kaufbeuren integriert, gehört aber zum örtlichen Bezirkskrankenhaus (BKH). „Die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren werden alle Beschäftigten der Neurologie mit all ihren arbeitsrechtlichen Rechten und Pflichten 1:1 übernehmen, sodass für keinen eine arbeitsrechtliche Schlechterstellung mit dem Betriebsübergang verbunden ist“, verspricht der Vorstand der Bezirkskliniken Schwaben. Vergangene Woche hat der Verwaltungsrat der Bezirkskliniken dem Vorhaben zugestimmt, gestern Vormittag folgte der Verwaltungsrat der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Am Nachmittag informierte stellvertretender Vorstandsvorsitzender Wolfram Firnhaber (Bezirkskliniken) die Mitarbeitenden bei einer Betriebsversammlung.

Die Kaufbeurer Klinik ist die älteste Neurologie im Allgäu und mit 44 vollstationären Betten jene mit der größten Kapazität. Sie verfügt über eine zertifizierte regionale „Stroke Unit“, eine spezialisierte Schlaganfalleinheit, mit sechs Betten. Das Krankenhaus ist Stufe-2-Klinik im Schlaganfallnetzwerk NEVAS, das den südwestlichen Teil Bayerns betreut. Seit fast 60 Jahren betreibt der Bezirk Schwaben - seit 2008 durch sein selbstständiges Tochterunternehmen Bezirkskliniken Schwaben – die Einrichtung. Zunächst wurde die Neurologie auf dem Gelände des BKH untergebracht. Seit 2009 ist sie räumlich ins örtliche Klinikum integriert, um die Patientenversorgung zu verbessern.

Wie Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Martin Hecht erläutert, werden gemeinsam Patientinnen und Patienten behandelt, von denen viele unterschiedliche Beschwerden haben: „Eine Bandscheibenpatientin aus der Orthopädie hat einen neurologischen Abklärungsbedarf, und der Schlaganfallpatient leidet oftmals auch unter gefäßchirurgischen und kardiologischen Begleiterkrankungen“, nennt der Chefarzt Beispiele.

Die medizinische Zusammenarbeit sei stets sehr gut gelaufen, was aktuell immer noch der Fall sei. „Aber: Die zwei getrennten Trägerschaften erschweren uns und insbesondere unseren Mitarbeitenden die Arbeit in der alltäglichen Behandlung der Patientinnen und Patienten“, stellen Vorstandsvorsitzender Stefan Brunhuber, sein Vertreter Wolfram Firnhaber und Prof. Dr. Alkomiet Hasan (Vorstand Krankenversorgung; alle Bezirkskliniken Schwaben) fest. So könnten aus Datenschutzgründen die Patientendaten nicht ohne weiteres weitergegeben werden. Im Notfallzentrum gebe es Herausforderungen in der Dokumentation. Und bei Personalausfällen könnten sich beide Träger nicht problemlos gegenseitig unterstützen – „auch wenn wir das alles noch so gerne und pragmatisch lösen wollen“. Unter den zu erwartenden rechtlichen und strukturellen Rahmenbedingungen, zum Beispiel beim Datenschutz und bei der fortschreitenden Digitalisierung, werde die Kooperation eher noch schwieriger, befürchtet das Vorstandstrio.

Nach Abwägung der unterschiedlichen Möglichkeiten sei man gemeinsam mit den Verantwortlichen der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren zur Erkenntnis gekommen, dass Patientinnen und Patienten sowie alle Beschäftigten am meisten profitieren werden, wenn die Neurologie vollständig in das Klinikum Kaufbeuren integriert wird - und zwar unter der alleinigen Trägerschaft des Kommunalunternehmens Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. „Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, da uns die jahrzehntelange Tradition einer Neurologie am Standort Kaufbeuren unter der Trägerschaft des Bezirks Schwaben verpflichtet. Aber leider nehmen die zunehmenden rechtlichen Vorgaben nicht Rücksicht auf eine Kooperation zwischen zwei Trägern, so wie dies in Kaufbeuren gelebt wird“, so Brunhuber, Firnhaber und Prof. Hasan einhellig. Eine vergleichbare Entwicklung finde in ganz Bayern statt: Einige neurologische Kliniken der Bezirke seien in die Trägerschaft der somatischen Häuser überführt worden.

Die Entscheidung fiel gemeinsam mit den Verwaltungsräten der Bezirkskliniken Schwaben und der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren. Beide Gremien haben jeweils einstimmig dafür votiert. Auch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat den Trägern seine Zustimmung und Unterstützung zugesichert.
„Wir sind glücklich, dass mit der Neurologie eine Abteilung zu uns wechselt, die ohnehin schon sehr viele Schnittstellen mit unserem Haus in Kaufbeuren hat“, betont der Vorstand der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, Andreas Kutschker. „Der Trägerwechsel ermöglicht es uns nun, gerade auf akute Ereignisse unkompliziert und unbürokratisch zu reagieren.“ Bis dato stellte laut Kutschker die Neurologie eine Klinik innerhalb der Klinik dar, die verwaltungstechnisch absolut autark agierte. „Durch die Umstrukturierung können wir nun etwa bei Personalengpässen aushelfen oder Schlaganfallpatienten ohne Überweisung verlegen“, erklärt der Vorstand des Klinikverbunds. „Wir sind überzeugt, dass diese Lösung sowohl für das Personal als auch die betroffenen Patienten eine erhebliche Erleichterung ist.“

Auch der Verwaltungsratsvorsitzende der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, Stefan Bosse, sieht die vielen Vorteile des Trägerwechsels: „Wir schaffen mit dieser Entscheidung bürokratische Hürden ab und helfen damit dem Personal, sich auf die bestmögliche Patientenversorgung zu konzentrieren“, führt der Kaufbeurer Oberbürgermeister aus. Darüber hinaus ist für Bosse wichtig, dass dieser Wechsel keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigten habe. „Die Mitarbeitenden sollen durch die neue Trägerschaft nicht schlechter gestellt werden“, so Bosse weiter, „und es werden auch keine Stellen eingespart – im Gegenteil sind wir froh um alle neu gewonnenen Beschäftigten.“

In den kommenden Wochen soll der Betriebsübergang detailliert ausgearbeitet werden. „Wir haben noch eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen“, sagt Firnhaber. Dem gesamten Vorstand der Bezirkskliniken ist es wichtig, alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Neurologie „sehr eng zu begleiten und sehr transparent zu informieren“. Dazu werde es in Kürze nicht nur ein ausführliches Schreiben, sondern auch weitere Informationsveranstaltungen geben.

Ziel sei, die Neurologie bereits zum 1. Januar 2023 in die neue Trägerschaft zu übergeben. Dies gelte auch für das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Kaufbeuren, das erst im Juli vergangenes Jahr aus der Taufe gehoben wurde. „Wir wissen, dass das ein sehr ambitionierter Zeitplan ist“, so die Vorstände. Denn für den Übergang müssen neben dem Ministerium unter anderem der Krankenhausplanungsausschuss, die Fördermittelbehörde, die Krankenkassen und auch die Personalvertretungen einbezogen werden.