Landestheater Schwaben: Pressekonferenz zum Spielplan 2019/2010

25. April 2019: In einer erfolgreichen Spielzeit 2018/19, in der das Landestheater Schwaben mehrfach ausgezeichnet wurde – Kunstförderpreis an Sandro Šutalo, Einladung zu den Mühlheimer Kinderstücken 2019 mit "Haydi! Heimat! und Theaterpreis des Bundes 2019 – und sich über eine ausgesprochen gute Haushaltslage und erhöhte Abonnentenzahlen freuen kann, stellt die künstlerische Leitung des Landestheaters in der heutigen Pressekonferenz mit Spannung und Vorfreude den Spielplan 2019/20 mit der Überschrift "Es kommt darauf an" vor.

Eine aufregende, politische, kämpferische Spielzeit liegt vor uns! Denn wir finden: Es kommt auf jeden Einzelnen an, für etwas einzustehen, unsere Gemeinschaft zu definieren und politisch aktiv zu sein. Nur so können wir unsere Demokratie verteidigen, etwas verändern und Visionen entwickeln. Europawahl, Fridays for Future, soziales Miteinander in unserem Land – die großen Fragen stehen im Raum und wir müssen sie beantworten!

Nicht allein der gesellschaftliche Friede scheint in Deutschland, Europa und der Welt bedroht. Die Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaat sind nicht mehr zu leugnen. Es ist eine beängstigende Bereitschaft in der Politik zu spüren, als Zugeständnis an den vermeintlichen Wählerwillen Werte wie Liberalität, freie Meinungsäußerung und die Freiheit des Einzelnen aufs Spiel zu setzen. Die Ängste siegen über Energie und Großmut. Das alles passiert im hellen Licht, vor unser aller Augen. Und es passiert in einem Moment, in dem wir der Veränderung unserer Gesellschaft durch Migration, durch den globalisierten Arbeitsmarkt, durch neue soziale Härten mutig und tatkräftig begegnen müssten. Wir müssten leuchtende Visionen entwickeln, wie unsere neue Welt mit diesen unausweichlichen Veränderungen aussehen kann und soll. "Es kommt darauf an"!

In den 10 Neuproduktionen der Spielzeit 2019/20 haben wir es mit Aktivist*innen, freien Radikalen, Kämpfer*innen zu tun – mit mutigen Positionen und manchmal mit verzweifelter Ohnmacht. Alle Projekte aber versuchen eine komplexe Auseinandersetzung mit der Frage: Wie kann man politisch agieren in unserer Zeit?

Spielplan Großes Haus:

Passend zur Fridays for Future-Bewegung eröffnet das Landestheater die Spielzeit mit der „Mutter“ aller Stücke zum Aufstand der jungen Generation für eine andere Zukunft und der Auseinandersetzung mit einer patriarchalen Gesellschaft: Die junge Regisseurin Julia Prechsl wird Friedrich Schillers "Die Räuber" inszenieren. Im November folgt eine außergewöhnliche deutsche Erstaufführung: "Der Reisende" (Inszenierung: Kathrin Mädler), ein 1939 verfasster Roman des jungen Autors Ulrich Alexander Boschwitz war eine aufsehenerregende Ausgrabung im letzten Jahr und schildert die Leidensgeschichte eines jüdischen Kaufmanns nach dem Novemberpogrom 1938. Ein zeitloses Dokument des Identitäts- und Menschlichkeitsverlusts angesichts von Ausgrenzung und Vertreibung. Im Familienstück zur Weihnachtszeit "Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse" (Inszenierung, wie beim letzten Weihnachtsmärchen: Ingrid Gündisch) erhält Frau Bartolotti postalisch ein Kind, das sie gar nicht bestellt hat. Die wunderbare, kürzlich verstorbene Christine Nöstlinger schenkt ein charmantes, anarchisches, fantasievolles Theatervergnügen für Alle ab 5 Jahren.
"Ewig Jung" – das wünschen sich die Schauspieler und Schauspielerinnen des Landestheaters im ebenso komischen wie berührenden Songdrama von Erik Gedeon, in dem sie sich selbst in 40 Jahren verkörpern und über die Sehnsucht nach der Jugend und die Last der Endlichkeit musikalisch unterhaltsam philosophieren. (Inszenierung: Peter Kesten)
Eine außergewöhnliche, höchst ambivalente Frauenfigur, die sich mit den tödlichen Gesetzen von Krieg und Kapitalismus auseinandersetzt, zeigt Bertolt Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder". Den modernen Klassiker des kämpferischen Theaters wird Pia Richter inszenieren, die am Landestheater mit ihren Klassikerinszenierungen von Fontane und Kafka Aufsehen erregte. Nach "Verbrennungen" zeigt das Landestheater im April das neue Stück des libanesisch-kanadischen Dramatikers Wajdi Mouawad: Auch "Vögel" ist poetisches Märchen, emotionale Familiengeschichte und politisches Drama zugleich. Vor dem Hintergrund des israelisch-palästinensischen Konflikts erzählt das Stück in der Inszenierung von Thomas Ladwig über die Kraft der Liebe und die Traumata der Gewalt, die Menschen einander antun.

Spielplan & Foyer:

Ein großartiges Frauentrio eröffnet die Spielzeit im Studio: In "Demut vor deinen Taten Baby" (Inszenierung: Anne Verena Freybott) simulieren drei Frauen Terroranschläge, um den Menschen das herrliche Gefühl des Davongekommenseins zu vermitteln. Das ebenso komische wie intelligente Stück der ungewöhnlichen Erfolgsautorin Laura Naumann ("Zwischen den Dingen sind wir sicher") spielt boshaft mit unseren kultivierten Ängsten und Glücksversprechen. Eine brisante Premiere folgt im Oktober: Es ist gelungen die Uraufführung der Autobiografie von Heidi Benneckenstein "Ein deutsches Mädchen" ans Landestheater zu holen. Die Geschichte einer Aussteigerin aus der deutschen Neonazi-Szene schafft verstörende Einblicke in eine hermetische und bestens organisierte rechtsradikale Parallelwelt. Von Mirko Böttcher inszeniert, ermutigt der Text zum eigenen politischen Denken. Das Landestheater kooperiert bei dieser Produktion mit Allgäu Rechtsaußen und der Amadeu Antonio Stiftung. Die Produktion richtet sich an Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren.

In unserer Reihe "Werkstatt - Esemble macht Theater" zeigt Jens Schnarre im Herbst einen Liederabend für das große Gefühl: Liebe!!! setzt sich humorvoll und romantisch, ironisch und schmerzhaft mit der Sehnsucht nach dem Einen, der Einsamkeit in der Zweisamkeit und all den chaotischen Emotionen, die ein Leben begleiten, auseinander. Der musikalische Abend folgt der Erfolgsproduktion der letzten Spielzeit Cafè Rieger auf der Foyerbühne. In dem hoch aktuellen Stück "Ich rufe meine Brüder" (Inszenierung: Oliver D. Endreß) erzählt Jonas Hassen Khemiri mit viel Spiellaune über unsere Gesellschaft nach der sogenannten „Flüchtlingskrise“: Wie leben wir zusammen in einer diverser werdenden Gesellschaft mit all unseren Vorurteilen, Ängsten und unserem Misstrauen? Und wer sind eigentlich diese jungen, arabisch aussehenden Männer, denen wir an allen Krisenlagen die Schuld geben?

Spielplan Junges Theater:

Die Neuproduktionen für das Junge Theater "Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse" (5+) und "Ein deutsches Mädchen" (12+) werden ergänzt durch Wiederaufnahmen aus dem Repertoire des Jungen Theaters: "Die Stadt der vielen Farben" (4+) und "Schlafen Fische?" (10+)

Bayerische Theatertage 2020:

Ein absolutes Highlight der Spielzeit werden die Bayerischen Theatertage vom 20. – 31. Mai 2020 sein. Das Motto "Wir können auch anders!" verspricht ein lebendiges Festival, das Theater als Gegenwartskunst und gesellschaftspolitischen Akteur präsentiert. Erstmals wird das große Theaterfestival Bayerns kuratiert: Eine Jury aus Kritikern und Theaterfachleuten holt an zwölf intensiven Festivaltagen die aufregendsten und interessantesten Produktionen der bayerischen Theater nach Memmingen.

Extras:

In unserer politisch-kämpferischen Spielzeit "Es kommt darauf an", möchten wir das Theater noch einmal mehr für Diskurs und Debatte in der Region öffnen: In der Reihe "Die Zukunft unserer Region - Gespräche über das Allgäu" laden wir, lose an die Produktionen angebunden, Gesprächspodien mit Experten zu drängenden Fragen ein: Rechte Szene im Allgäu, Jugendkultur unserer Region und der viel beschworene Konflikt zwischen Großstadt und Provinz werden die Themen sein.
Bei "Theater und Kirche" in Kooperation mit der Ev.-Luth. Kirchengemeinde und der Katholischen Pfarreiengemeinschaft werden die Themen der Theaterproduktionen mit den Inhalten von Gottesdienst und Predigt verknüpft um so gemeinsam über die Fragen von Menschlichkeit, Zusammenleben und Wertvorstellungen zu reflektieren
Weiterhin steht unser Haus auf vielfältige Weise dem Publikum offen: In den Spielclubs der "Bürgerbühne", in Theaterführungen, Einführungen und Nachgesprächen, in unserem Literarischen Salon "Buchclub".

Das Theaterfest der Spielzeit 2019/20 findet am 14. September 2019 von 13 bis 17 Uhr statt. Das erste Premierenwochenende mit "Die Räuber" und "Demut vor Deinen Taten Baby" findet bereits am 20. und 21. September statt.

Neu im künstlerischen Team:

Franziska Roth kommt von ihrem Schauspielstudium an der Folkwang Universität der Künste Essen/Bochum im Erstengagement fest ins Ensemble, ebenso Tim Weckenbrock von der Anton Bruckner Universität, Linz. Agnes Decker war schon in "Funny Girl" als Gast zu sehen und kommt für die Spielzeit fest ins Ensemble – sie war zuvor freischaffend, nach einem Festengagement in Tübingen und ihrem Studium an der Theaterakademie August Everding in München. Katharina Vana, zuvor am Theater Plauen-Zwickau kommt als neue Regieassistentin und Inspizientin.
In der Spielzeit 2019/20 wird Bianca Günzer weiterhin in der Leitung Marketing tätig sein, Claudia Herzog-Kaiser kommt zunächst in Teilzeit aus der Elternzeit zurück. Julia Kropf wird über ihre Elternzeitvertretung hinaus fest engagiert als Leiterin Disposition und Gastspielverkauf.

Pressekontakt und weitere Information:

Eva-Maria Trütschel
Pressereferentin und Assistentin der Theaterleitung
Tel: 0 83 31 - 94 59 10

E-Mail: truetschel@landestheater-schwaben.de