Patientenfürsprecher am Bezirkskrankenhaus Günzburg: Vertrauensperson und Konfliktlöser
Herr Klas, was macht ein Patientenfürsprecher?
Klas: Er ist eine unabhängige Vertrauensperson, der sich der Sorgen und Nöte der Patientinnen und Patienten während ihrer Klinikaufenthalte annimmt und versucht, Lösungen aufzuzeigen oder einzuleiten. Er versteht sich als Vermittler zwischen Patient, Angehörigen, Arzt und Krankenhausleitung. Während des Krankenhausaufenthaltes von Patienten versucht er, wenn gewünscht, unbürokratisch, beratend, Hilfe und Unterstützung zu geben. Aber auch Lob, Anregungen und Wünsche nimmt er an und vermittelt sie gerne weiter.
Mit welchen Anliegen wenden sich die Menschen an Sie?
Klas: Klassiker sind: Warum bin ich hier? Wann kann ich nach Hause? Oder auch: Mein Betreuer war seit langem nicht mehr hier und hat mir kein Geld gebracht. Es sind die vielen kleinen und größeren zwischenmenschlichen Sorgen und Nöte.
Wie reagieren Sie?
Klas: Das Wichtigste ist: zuhören und Vertrauen aufbauen. Beschwerden versuche ich sofort und im Beisein des Patienten mit dem verantwortlichen Fachpersonal – zum Beispiel Arzt oder Betreuungskraft - zu klären. Dabei kann es auch zum Widerspruch kommen. Wer glaubhaft sein will, muss Probleme zeitnah abarbeiten.
Und wenn die Probleme – Stichwort: kein Geld mehr – komplizierter sind?
Klas: Dann fange ich an zu recherchieren. Das geht so weit, dass ich mit Betreuern spreche, Angehörige bitte, dem Patienten Wechselwäsche zu bringen, oder nachfrage, warum der angekündigte Besuch nicht gekommen ist. Manchmal muss ich auf Bitten des Betroffenen fragen, ob sich seine Lebenspartnerin scheiden lässt, nur weil er für einige Zeit hier in der Klinik ist. Manchem, der sich in akuter Geldnot befindet, habe ich schon 20 Euro aus meiner eigenen Tasche gegeben. Nicht immer stimmen die Aussagen eines Patienten, was teilweise seinem Gesundheitszustand geschuldet ist oder weil er unter dem Einfluss eines Medikaments steht, das ihm in seiner Akutphase helfen soll, wieder stabil zu werden.
Treten Sie in Aktion, wenn ein Patient mit seiner Medikation nicht einverstanden ist?
Klas: Ärztliche Diagnosen oder Verordnungen sind Tabuthemen. Das teile ich den Patienten mit. Oftmals muss dem Betroffenen aber auch aufgezeigt werden, dass er zwar Rechte, aber auch Pflichten hat, da er sich in einem Krankenhaus befindet. Außerdem stelle ich klar, dass ich kein Therapeut bin, das heißt, meine Gespräche dürfen nicht zur Therapie werden. Und ich darf keine Rechtsgeschäfte tätigen.
Was passiert, wenn es Konflikte gibt, die die Klinik und ihre Mitarbeiter betreffen?
Klas: Das liegt in der Natur der Sache und kommt immer mal wieder vor. Jedoch sind Klinik- und Pflegedienstleitung hier in Günzburg vollkommen offen. Mir ist seit 2009 bis heute kein Fall bekannt, der zum Anwalt gegangen ist. Alles konnte einvernehmlich geklärt werden. Man geht auf jeden einzelnen Patienten ein. Sollte er beispielsweise monieren, dass etwas nicht passt und er unbedingt verlegt werden will, dann macht man das zwar nicht abends um 22 Uhr. Vielmehr schaut die Klinik, dass innerhalb von ein paar Tagen das Umfeld des Patienten verändert und eine Verbesserung herbeigeführt wird. Wenn dann immer noch Unzufriedenheit herrscht, steht jedem grundsätzlich offen, den Weg des klinischen Beschwerdemanagements zu beschreiten.
Werden Sie von der Klinik bezahlt?
Klas: Nein. Ich arbeite ehrenamtlich. Ich bin neutral, nicht weisungsgebunden und unterliege der Schweigepflicht.
In Ihren Gesprächen hören Sie bestimmt einiges.
Klas: In der Tat. Manchmal sitzen junge Menschen vor mir, die Suizidgedanken äußern. Ich hatte auch schon welche, die sich das Leben genommen haben. Davon zu erfahren, ist schlimm. Man blickt bisweilen in menschliche Abgründe. Die Tätigkeit ist Belastung und Herausforderung zugleich.
Wie verarbeiten Sie das alles?
Klas: Ich gebe zu: Am Anfang war das ein Riesenproblem und belastend für mich. Mir hat sehr viel die örtliche Klinikleitung um Professor Becker geholfen. Und ich kann jederzeit – ohne Wartezeit - zum evangelischen oder katholischen Klinikseelsorger gehen, um mir die Sorgen von der Seele zu reden. Das ist wichtig.
Was begeistert Sie an dieser Tätigkeit?
Klas: Es ist Motivation und Herausforderung zugleich, mit Menschen zu arbeiten. Das hält einen geistig jung. Wenn ich meinen Beitrag dazu leiste, dass ich jemand helfen kann, und ich acht Tage später von diesem Patienten ein mit viel Mühe selbstgemaltes Bild als Dankeschön erhalte, dann ist das Motivation genug. Einfach gigantisch! (Klas zeigt eines dieser Bilder und ist sichtlich gerührt.)
Gibt es eigentlich das Angebot eines Patientenfürsprechers schon länger?
Klas: Am BKH Günzburg hat er eine ganz lange Tradition. Es gibt ihn aber auch für die Heime und unter anderem in weiteren Bezirkskrankenhäusern unter dem Dach der Bezirkskliniken Schwaben. Im Rahmen des Qualitätsmanagements ist diese Stelle ein wertvolles Instrument für jede Klinik. Das niederschwellige, unbürokratische und kostenlose Beratungs- und Hilfsangebot für die Patienten hat sich bewährt. Es trägt somit bei, die Rechte von Patienten zu stärken.
Wie können Patienten mit Ihnen Kontakt aufnehmen?
Klas: Ich habe feste Sprechzeiten: jeweils am Dienstag von 13 bis 15.30 Uhr. An diesem Tag bin ich in der Klinik, gehe auf Stationen, frage nach, ob mich jemand sprechen will. Dort sind auch Briefkästen aufgehängt, in die Patienten ihre Mitteilungen über Sorgen, Nöte, aber auch Lob einwerfen können. Zusätzlich steht mir ein eigenes Büro im Haus 40 (1. Stock) zur Verfügung. Es ist auch möglich, mich bei Bedarf jederzeit auf meinem privaten Handy telefonisch zu erreichen. Die Nummer lautet 0172-7375140.
Zur Person
Günter Klas übt seit 2009 die Tätigkeit als ehrenamtlicher Patientenfürsprecher am BKH Günzburg aus. Er folgte auf Michael Biberacher, der damals aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat. Klas ist 74 Jahre alt, verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Der gebürtige Augsburger, der heute in Ichenhausen lebt, lernte Schlosser und Kaufmann. Bis er 2005 in den Ruhestand ging, war er Geschäftsführer eines Günzburger Autohauses. Klas hat Erfahrungen als ehrenamtlich bestellter Betreuer, war vier Jahre Justizbeamter auf Probe und widmet sich in seiner Freizeit der Hilfe Benachteiligter. Unter anderem engagiert er sich seit 2007 bis heute als Bewohnervertreter im außerklinischen Bereich „Wohnen und Fördern“ der Bezirkskliniken Schwaben. Seit mehr als 40 Jahren ist Klas Mitglied bei der Faschingsgesellschaft „Leipheimer Haufen“, war bis 2012 ihr Vorsitzender und ist seitdem Ehrenpräsident.
Das Interview führte Georg Schalk, Bezirkskliniken Schwaben.