Substitutionsambulanz Kempten feiert zehnjähriges Jubiläum
Stefan Brunhuber, Vorstandsvorsitzender der Bezirkskliniken Schwaben, begrüßte die geladenen Gäste: „Die Substitutionsambulanz hat sich in den vergangenen zehn Jahren zu einer unverzichtbaren Institution im Bereich der Suchtmedizin entwickelt. Sie bietet Menschen mit Abhängigkeitsproblemen eine umfassende Versorgung. Ich danke dem multiprofessionellen Team und allen Kooperationspartnern, die sich um unsere Patienten kümmern.“
In seinem Grußwort betonte Bezirkstagspräsident Martin Sailer, dass sich in den letzten zehn Jahren einiges verändert habe. Insbesondere die gesellschaftliche Sicht auf psychische Erkrankungen, die stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt seien. Denn es ist auch im Raum Kempten und dem Oberallgäu – wie überall und auf zahlreichen anderen medizinischen Feldern – so, dass es an niedergelassenen Fachärzten mangelt. Jedes Quartal nutzen 240 Patienten das Angebot in der Gerberstraße. Sailer betonte: „Diese Zahlen zeigen, wie wichtig die Ambulanz ist und dass sie ein echtes Erfolgsmodell darstellt. Mein herzlicher Dank gilt Oberarzt Andreas Herzig und Dagmar Seyberlich sowie dem gesamten interdisziplinären Team aus Pflegekräften, Sozialpädagogen und Ergotherapeuten. Trotz der angespannten Lage bieten Sie hier ein herausragendes Angebot.“ In diesen Dank schloss er auch die zahlreichen Kooperationspartner wie die Suchtfachambulanz der Caritas mit der psychosozialen Beratungsstelle, die Alpin-Apotheke, den HOI-Verein, die RPK sowie die JVA Kempten mit ein. „Wir haben hier in Kempten und im Oberallgäu ein gutes, funktionierendes Netzwerk. Danke an alle für die gute Zusammenarbeit!“
Das Team in der Gerberstraße kümmert sich täglich von Montag bis Freitag um die Patientinnen und Patienten. Am Wochenende und an Feiertagen findet die Substitution am Haupthaus BKH Kempten an der Robert-Weixler-Straße statt. Herzig erklärt, dass Suchterkrankungen langwierige chronische Erkrankungen seien. Die Patienten benötigen eine langfristige Behandlung. Er betonte: „Die Versorgung in der Region ist nicht zufriedenstellend. Derzeit bietet nur eine Arztvertretung in Immenstadt Substitution an. Im Unterallgäu gibt es keinen niedergelassenen Arzt mehr, der dies anbietet. Das ist eine Lücke in der Versorgung.“
Dagmar Seyberlich, die Teamleitung Pflege sagte: „Wir sind stolz darauf, dass wir in den letzten zehn Jahren so vielen Menschen helfen konnten. Die positive Entwicklung und die Erfolge unserer Patientinnen und Patienten sind unsere größte Motivation. Bis 2012 wurden Patienten mit Alkoholsucht hauptsächlich am BKH Kempten behandelt. „Ab April 2013 begannen wir in der Gerberstraße mit zehn Patienten, bald darauf waren es bereits 30 bis 40. Ab 2015 wurde die Suchtambulanz erweitert, sodass aus der Anlaufstelle in der Kemptener Innenstadt eine zweigeteilte Ambulanz wurde“, erklärte sie. Seyberlich beschreibt die Bürokratie als täglichen Wahnsinn. „Die Zeit, die wir direkt mit den Patienten verbringen können, wird immer weniger, während die Dokumentation stetig zunimmt, teilweise sogar im zweifachen oder dreifachen Umfang. Hier muss etwas geändert werden. Das ist mein dringender Wunsch an die Politik“, betonte die Pflegeleiterin mit Nachdruck.
Die Substitutionsambulanz Kempten blickt auf eine erfolgreiche Geschichte zurück und bleibt auch in Zukunft eine wichtige Anlaufstelle für Menschen, die von Sucht betroffen sind. Oberarzt Herzig: „Alkohol ist nach wie vor die häufigste legale Droge und gleichzeitig die schädlichste Droge in unserer Gesellschaft. Diese Patienten dürfen nicht vergessen werden. Es ist außerdem wichtig, dass wir uns auf die Zeiten des Fachkräftemangels vorbereiten.“
Prof. Dr. Markus Jäger, Ärztlicher Direktor des BKH Kempten, dankte in seinem Schlusswort allen Mitarbeitenden sowie den Kooperationspartnern für deren Einsatz. Er betonte, dass die Ambulanz mehr Anfragen erhält als angenommen werden können. Das niedergelassene System in der Substitution wird immer weniger, die Kapazitäten sind beschränkt. Laut Prof. Jäger ist die Bürokratie sowie der Formalismus eine immense Bürde: „Die Ansprüche hier werden immer größer und sind kaum mehr zu bewältigen.“