Traditionsreicher Obsttag im Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren: Rund, bunt, fruchtig, duftig, informativ, erdig und zusätzlich in diesem Jahr mit einer wohlerzogen eckigen Form

15. September 2022: Am Sonntag, den 02. Oktober 2022 (11-17 Uhr) läuft es im Schwäbischen Bauernhofmuseum Illerbeuren nicht nur rund, sondern im Spalierobstgarten darf über eine neue Weise des Obstanbaus in Schwaben gestaunt werden.
Birnbaum und Frucht an einem Museumsgebäude Foto: SBI Bildarchiv, Schwäbisches Bauernhofmuseum Illerbeuren, Tanja Kutter

Denn ab 1900 wird rundes Obst in eckig ästhetische Form an die Hauswand gebracht. Und ein historisches Bienenhaus aus Böhen (Lkr. Unterallgäu) ist nach seiner Restaurierung für vier Völker neue Heimat, wo es nun wieder kräftig summt.

An Wänden wohl gezogenes Obst. Seit 2006 zeigt der Spalierobstgarten des Museums historisches Formobst, doch jetzt erhält er endlich eine Ausstellung. Diese wurde von David Kemmer (Volontär des Museums) konzipiert und führt den BesucherInnen die Geschichte des Wandobstanbaus in Schwaben bis zum Ende der Verbreitung um 1950 vor Augen. Auf einem Themenpfad durch den museumseigenen Spaliergarten wird erklärt, wie der Gärtner sein Obst „erzieht“ und in aufwendige Formen dicht an die Wand zu regelrechten Kunstwerken bindet. So konnte auch der Privatmann auf engstem Raum sich seinen Traum vom eigenen Obstbaum erfüllen. Nach dem Bild- Prinzip „vorher – nachher“ wird die Entwicklung zweier individueller Spalierbäume über die Jahrzehnte fotographisch nachvollzogen. Und neben stolzen Besitzerportraits sind auch originale Gärtnerwerkzeuge, wie die Hippe, das Vorläufermodell der heutigen Gartenschere, zu besichtigen.

Die Bienen in ihrem neuen Stall Obst ohne Bienen – undenkbar. Und so bindet das restaurierte Bienenhaus aus Böhen, direkt neben dem Spaliergarten liegend, die Ausstellung und den Obsttag in seiner gesamten Bandbreite zusammen und macht deutlich, welch große Bedeutung die Biene für unsere Kulturlandschaft hat. Das historische Bienenhaus aus dem Jahr 1946 befindet sich seit 1997 im Besitz des Museums und ist nun erstmals wieder für die BesucherInnen zugänglich. Aber vor allen Dingen können die Museumsbienen endlich wieder nach der originalgetreuen Restaurierung ihr Bienenhaus beziehen. Ein originaler Bienenkasten ist in die Hausfassade integriert und gewährt so spannende Einblicke ins Innere.

Vielfältiges Wissen und hochwertige Praxis Bekannt und beliebt ist am Obsttag im Museum die Apfelsortenbestimmung durch den Pomologen Anton Klaus. Dem Fachexperten reichen fünf gepflückte Früchte mit Stiel und etwas Blattwerk für die treffsichere Bestimmung der mitgebrachten Äpfel. Wie überhaupt die fachkundige Beratung und Inspiration durch die jeweiligen Experten und Aussteller ein Schwerpunkt ist. So berät bei der rechten Sorten- und Standortwahl von Obstbäumen die Baumschule Gold aus Kronburg. Die Kreisfachberatung für Gartenkultur und Landschaftspflege Unterallgäu stellt das Tätigkeitsspektrum ihrer Obst- und Gartenbauvereine vor, berät rund ums Obst und Streuobstwiesen. Und lässt auch die Frage „Wann ist mein Apfel eigentlich reif?“ nicht unbeantwortet. Der Sortenerhaltungsgarten, den man in der Versuchsstation für Obstbau Schlachters angelegt hat, wird eingehend präsentiert und erklärt. Und auch die Vertreter des Imkerverein Illerwinkel und Kempten-Oberallgäu e.V. stellen mittels Schautafeln und Schaubienenkästen ihre Arbeit und ihr Wissen vor. Wie Herbststräuße und Kränze mit Stil und Professionalität gebunden werden, zeigt der Obst- und Gartenbauverein Kronburg-Lautrach-Illerbeuren.

Säfte, Süßes, Schürzen und so Sachen Natürlich kommen auch die Verkostung und der Genuss nicht zu kurz. Frischer Süßmost aus einer historischen Presse bietet die Lohnmosterei Alois Grueber den Gästen zum Probieren und Verkauf. Und die Obstbrände und -säfte der Brennerei und Kelterei Salzgeber sind ebenfalls ein Erlebnis für den Gaumen. Unter dem Motto „Bitte zugreifen!“ werden auf der alten Waage Schwabmühlhausen Kisten mit historischen Obstsorten aus dem Bauernhofmuseum randvoll zum Mitnehmen gefüllt sein. Und eine Suser-Verkostung aus den museumseigenen Äpfeln organisiert die Abteilung Landwirtschaft. Die Kinder erwartet wiederum ein Mitmachprogramm, bei dem Schürzen und Stofftaschen mit Apfel- und Birnenscheiben farbig bedruckt werden. Und die Landfrauen tauchen ebendiese Scheiben in Teig und zaubern daraus Apfelküchle.

Gesund und schön (rund) bitte! Gesund und natürlich bitte! Dass Obst ein Trendlebensmittel im 19./20. Jahrhundert auf dem Land war, dürfte weniger bekannt sein. Die damals eher einseitige Ernährung sollte aufgewertet und das qualitative Lebensmittel an sich in den Fokus rücken. Dazu gründeten sich ab 1890 in Schwaben allerorts Obst- und Bienenzuchtvereine, um Aufklärungsarbeit zu leisten und den Menschen Unterstützung und Tipps für Anbau und Verwertung zu geben. Diese Ansätze sind heute aktueller denn je. Sind doch gesundheitsbewusste Ernährung wie überhaupt bewusste, weil Ressourcen schonende Nahrungsproduktion und Erzeugungskreisläufe heute ein gesellschaftliches sowie politisches Anliegen. Mit vielleicht einem Unterschied: dass heute die Schönheit als Kriterium sukzessive zugunsten der Natürlichkeit, Naturbelassenheit aufgegeben wird. Im Zentrum steht heute wieder der Geschmack. Und dessen Vielfalt soll erhalten und im besten Fall auch wiederentdeckt werden. Die Geschmackspalette am Obsttag im Bauernhofmuseum Illerbeuren klammert jedenfalls nichts aus!

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