Ukraine-Kooperation der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren festigt sich trotz des Kriegsgeschehens

12. Juli 2022: Mittlerweile befindet sich die Ukraine seit über vier Monaten im Krieg. Vor kurzem besuchte Klaus Prestele, Geschäftsführer der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren mit Dr. Katharina Haberkorn vom Europa-Büro des Bezirk Schwaben die Partnerregion Tscherniwzi.

Zum einen wurden dabei mit den Verantwortlichen vor Ort weitere Schritte der Partnerkooperation vereinbart, zum anderen übergab Prestele Spenden und dringend benötigte Medikamente.

Seit Jahren arbeiten die Lebenshilfe und die ukrainischen Organisationen „Dzvinochok“ (zu Deutsch: Glöckchen) und die Elterninitiative „Träume der besonderen Kinder“ eng zusammen. Die Ziele dabei sind vor allem ein gemeinsamer Schulterschluss für Inklusion, der Austausch von Fachkräften und inklusive Jugendprogramme. Im vergangenen Sommer konnte dank der Vermittlung des Europabüros des Bezirks Schwabens ein Kooperationsvertrag zwischen den drei Vertragspartnern - staatliches Rehabilitationszentrum, Elterninitiative und Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren - geschlossen werden, um zukünftig ganz offiziell und noch professioneller zusammenarbeiten zu können.

Beide Partnerorganisationen der Lebenshilfe mussten mit Kriegsbeginn ihre Tätigkeiten einschränken und das Rehabilitationszentrum wurde aufgrund fehlender Luftschutzbunker geschlossen. „Im Hintergrund arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber weiterhin, tauschen sich mit den Familien aus und unterstützen, wo es nur geht“, so Klaus Prestele über die Geschehnisse vor Ort. Die meisten Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen in der Ukraine sind von den Schließungen betroffen, da sie häufig in Gebäuden ohne Keller oder Schutzräume angesiedelt sind.

Mit Beginn des Krieges hat die Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren verstärkt Spenden für ihre ukrainischen Partnerorganisationen gesammelt. „An drei Stellen konnten wir mit Teilen der Spendeneingänge bereits unkompliziert die Familien vor Ort unterstützen,“ beschreibt der Lebenshilfe-Geschäftsführer. So wurden die Gehälter der Mitarbeiter*innen in den Organisationen auf 100 Prozent aufgestockt, denn mit Kriegsausbruch wurden die monatlichen Zahlungen von den Behörden auf 60 Prozent gedrosselt – bei gleichzeitig immens gestiegenen Lebenshaltungskosten. Zudem beschaffte die Lebenshilfe in Deutschland Medikamente, die vor Ort dringend benötigt werden, aber dort nicht mehr verfügbar sind. „Diese lassen wir unseren Kooperationspartnern laufend zukommen.“ Parallel dazu werden auch Gelder direkt an die Organisationen überwiesen, mit denen Lebensmittel, Hygieneartikel und medizinische Güter, die dort noch zu erwerben sind, gekauft werden können. „Wir stehen dazu im engen Austausch mit den Leiterinnen der Einrichtungen vor Ort, um möglichst zielgenau unsere Hilfe einzusetzen.“

Prestele nutzte seinen Besuch vor Ort, um weitere Schritte des im vergangenen Sommers abgeschlossenen Kooperationsvertrags zu vereinbaren. So soll in der Stadt Mamawjiwzi die Elterninitiative „Träume der besonderen Kinder“ ein Beratungsbüro inkl. Therapieräumen und einem Inklusionscafé erhalten. „Die Renovierungsarbeiten laufen, die Kosten hierfür trägt die Kommune auch weiterhin,“ so Prestele. Dies sei nicht selbstverständlich, gerade in den unsicheren Kriegszeiten aktuell. Prestele befürchtet, dass Einrichtungen für Menschen mit einer Beeinträchtigung in der Ukraine in Zukunft deutlich erschwerte Bedingungen haben.

„Denn bereits vor Kriegsausbrauch gab es praktisch ein chronisch unterfinanziertes staatliches Unterstützungssystem. Welche Folgen der Krieg auf ein solch fragiles System hat, kann man sich ausmalen,“ zeigt sich Prestele besorgt. Deswegen stärke die Lebenshilfe vor allem die Elterninitiative, die bei weiter sinkenden staatlichen Leistungen mehr denn je gefordert sein wird. „Wir unterstützen so aktuell die Anschaffung von IT und Ausstattung für die Beratungsstelle und das Inklusionscafé, um so eine Anlaufstelle für Familien und Menschen mit einer Beeinträchtigung zu ermöglichen.“