"Vom Ich zum Wir" - Jugendleiter aus den Partnergemeinden Schwaben-Mayenne bilden sich gemeinsam weiter
Wie machen es die anderen? Mit welchen Programmpunkten haben sie, in Schwaben und in der Mayenne, besonders viel Erfolg? Wie gehen sie mit Problemen um, etwa, wenn eins der Kinder gesundheitlich angeschlagen ist? Und was kann man im Krisenfall tun, etwa bei Unfällen? Voneinander lernen, das ist seit jeher der wichtigste Mehrwert bei diesem Treffen, das bereits zum 13. Mal stattfand. „Wir holen uns Tipps bei den anderen", erklärte Nathalie Fricke, die zusammen mit Peter Keil den Austausch für Oy-Mittelberg organisiert. Sie hat dieses Ehrenamt von ihren Eltern übernommen, die es zuvor 30 Jahre lang ausgefüllt hatten. Was sie bei ihrer Arbeit begeistert? „Die Freude der Kinder und wie sie untereinander und mit den Franzosen kommunizieren. Auch wenn sie zum Teil gar kein Französisch können – es ist so spannend, was sie draus machen."
„Wenn man seine Nachbarn kennenlernt, Vorurteile abbaut und Gemeinsamkeiten feststellt, dann fällt es leicht, Frieden zu halten", begründete Chantal Sell vom Europareferat des Bezirks Schwaben, warum der Jugendaustausch so wichtig ist. Sie richtet die Jugendleitertagungen seit vielen Jahren aus – mittlerweile zum dritten Mal gemeinsam mit Claudia Junker-Kübert, der Geschäftsführerin des Bezirksjugendrings. „Ich bin total begeistert, dass es im Bezirk Schwaben so viele engagierte Leute gibt, die sich für das Thema und besonders für die Jugend einsetzen", sagte Junker-Kübert, die den Erfahrungsaustausch am ersten Abend moderierte.
Und was kommt nun besonders gut an bei den Kindern und Jugendlichen? Sport, auf jeden Fall! Aber auch gemeinsame Aktionen wie das Kochen und Backen in einer Selbstversorgerhütte, erzählte Jugendleiterin Anna Wieser aus Ichenhausen. Johannes Piel aus Langerringen berichtete von einem Rap, den die Kinder selbst getextet und einstudiert hätten, und von eigenhändig bedruckten T-Shirts, die bis heute beim Sport oder anderen Veranstaltungen in Langerringen getragen werden. Natürlich sind auch ortstypische Attraktionen wie Ausflüge ans Meer in Frankreich oder der Skyline Park im Allgäu sehr beliebt. Und in einem Jahr kehrte eine deutsche Gruppe mit einer völlig neuen Erfahrung aus Frankreich heim: Die Kinder hatten Austern probiert – und siehe da, die schmeckten gar nicht eklig, sondern richtig gut! Grenzen überwinden und sich auf Unbekanntes einlassen: Auch das lernen die Teilnehmer bei den deutsch-französischen Austauschen.
Die aber wären ohne die Ehrenamtlichen, die sich darum kümmern, nicht denkbar. Wie vielfältig ihre Aufgaben als Betreuer sind, darüber reflektierten die Jugendleiter bei ihrem Treffen spielerisch: Das Rollenspektrum reichte vom Freund und Helfer über die Vertrauensperson, den Organisator und den Ersthelfer bis zum Polizisten. Dass die Kinder und Jugendlichen Spaß haben beim Austausch, dass die Gruppen gut zusammenwachsen und anschließend alle gesund wieder heimkehren, das definierten die Jugendleiter als ihre wichtigsten Anliegen. Und sie waren sich einig: Mundpropaganda ist immer noch die beste Möglichkeit, die Austausche in den Gemeinden bekannt zu machen.
Wie aber gestaltet man den interkulturellen Austausch möglichst lebendig? Dafür erhielten die Jugendleiter bei ihrem Treffen Anregungen von der Berliner Sprachanimateurin Antje Klambt. Sie probierten die gezeigten Spiele auch gleich selbst aus: Welche Schuhgröße hast du, welche Augenfarbe, welches Sternzeichen? Sich hierüber ohne Worte zu verständigen und zu sortieren, das bricht das Eis in Gruppen, die sich noch nicht kennen, so dass aus dem „Ich" schnell ein „Wir" wird. Und was ist Kultur für mich? Wie wichtig ist die Herkunft? Anhand von Postkartenmotiven klärten die Teilnehmer in Zweierteams Fragen zur eigenen Identität. Solche Übungen lassen sich später gut mit den Austauschgruppen umsetzen, ohne dass es gleich zu persönlich werden muss, das war die einhellige Meinung.
So kehrten die Jugendleiter schließlich nach eineinhalb Tagen sehr zufrieden und mit vielen neuen Ideen heim, nicht ohne sich vorher noch per Handy zu vernetzen. Alle waren sich einig: Treffen wie dieses, das vom Deutsch-Französischen Jugendwerk gefördert wurde, sind richtig produktiv, es soll sie unbedingt weiter geben – entweder wie früher in der Jugendbildungsstätte Babenhausen, die diesmal ausgebucht war, oder wieder in Augsburg. Übrigens hat das Konzept schon über die Bezirksgrenzen hinaus Schule gemacht: Im Bezirk Unterfranken finden jetzt ebenfalls solche Tagungen statt. (chs)