Wertvolle Hinweise bei psychischen Krisen
Annähernd 12.000 Menschen in Schwaben, die an einer psychischen Erkrankung leiden, haben ihn bereits in der Tasche oder im Geldbeutel: Der Krisenpass der Bezirkskliniken stößt auf große Resonanz. Auf dem handlichen Faltblatt sind in kurzer, prägnanter Form Informationen für Notfälle zusammengefasst: Wer soll im Krisenfall kontaktiert werden? Wie möchte ich behandelt werden? Was beruhigt mich? Mit welchem Medikament habe ich gute Erfahrungen gemacht, mit welchem schlechte? Die ersten Rückmeldungen von den Betroffenen, aber auch von Polizei und Behörden sind recht positiv, berichtet Dr. Ingrid Bauer, Oberärztin am Bezirkskrankenhaus (BKH) Augsburg und eine der beiden ärztlichen Leiterinnen der Leitstelle des Krisendienstes Schwaben.
Der Krisenpass ist aus Sicht der Verantwortlichen nicht nur für Dritte von Vorteil, sondern vor allem auch für Menschen mit psychischen Störungen selbst: „Der Sinn dahinter ist, dass sich Betroffene, wenn sie sich gerade in einer stabilen Phase ihrer psychischen Erkrankung befinden, ihren Willen dokumentieren, wie sie im Krisenfall behandeln werden wollen“, erläutert Dr. Bauer. Im Krisenpass können neben den eigenen Daten auch Angaben zum Behandler oder zu Angehörigen hinterlegt werden. Zusätzlich können Angaben gemacht werden, dass Kinder, pflegebedürftige Angehörige, aber auch Haustiere zu versorgen sind, falls man selbst nicht mehr steuerungsfähig ist. „Zu wissen, dass für den Fall der Fälle für Familienmitglieder oder das geliebte Haustier gesorgt wird, kann sich positiv auf die Compliance der Menschen auf ihre Therapie auswirken“, so die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.
Die betroffene Person kann festhalten, dass ihn im Krisenfall beispielsweise Atemübungen oder ein bestimmtes Medikament beruhigen. Oder sie schreibt in den Krisenpass, dass man diese besser nicht berühren oder in Ruhe lassen sollte. Solche Angaben können für Kliniken, Polizei, Behörden, aber auch für Passanten wichtig sein, die plötzlich mit einem Menschen in Kontakt kommen, der sich in einer psychischen Ausnahmesituation befindet oder kurz davor ist. „Wir erhoffen uns durch die Verwendung von Krisenpässen eine Verbesserung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung und eine Steigerung der Selbstbestimmung des Patienten“, sagt Dr. Bauer.
Solche schriftlichen Informationen zum Verhalten im Notfall gibt es in verschiedenen Versionen bereits in mehreren Bundesländern. Die Idee, einen psychiatrischen Krisenpass in Bayerisch-Schwaben einzuführen, stammt vom Ärztlichen Direktor des BKH, Prof. Dr. Alkomiet Hasan. Oberärztin Dr. Ingrid Bauer und der Leitende Psychotherapeut Benjamin Pross haben ihn dann inhaltlich entwickelt und auf den Weg gebracht. Seit Sommer wurde das Dokument, das kostenlos im Ambulanzzentrum des BKH zu haben ist, an alle Standorte der Bezirkskliniken Schwaben, an Sozialpsychiatrischen Dienste (SPDi) sowie an Kooperationspartner und Behördenvertreter verteilt. Jeder Patient, jede Patientin, der/die stationär in einem der schwäbischen BKH behandelt worden ist, erhält ihn bei der Entlassung angeboten. Dr. Bauer: „Der Krisenpass ist zwar nicht rechtlich bindend, enthält aber wertvolle Hinweise.“ Oft sei es für die Patienten hilfreich, den Pass mit einer Person des Vertrauens (Betreuer, Angehörige, Facharzt, Beratungsstelle) auszufüllen und ihn dann bei sich zu führen. Das ist dank des handlichen Formats im Geldbeutel gut möglich.