Zukunft für das Therapeutische Reiten der Lebenshilfe ist gesichert
Vor einem knappen halben Jahr schlossen die Bezirkskliniken Schwaben mit dem Reit- und Fahrverein (RuV) Günzburg einen neuen Pachtvertrag, jetzt mit der Lebenshilfe Donau-Iller. Damit ist das Therapeutische Reiten auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses (BKH) Günzburg für mindestens die nächsten zehn Jahre gesichert. Beide Partner vereinbarten – genauso wie beim benachbarten Reit- und Fahrverein – eine einmalige Möglichkeit zur Verlängerung um weitere drei Jahre. „Es freut mich, dass wir eine Einigung erzielen konnten. Damit können wir das Therapeutische Reiten nun auf sichere Beine stellen, weil das Angebot gut ist“, sagte Karsten Zanor. Der Vorstand der Lebenshilfe Donau-Iller kündigte umfangreiche Investitionen im hohen fünfstelligen Bereich an. Dr. Johann Popp, stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender der Bezirkskliniken, lobte das Therapeutische Reiten als „lebendiges Element“, das der Normalität und Entspannung diene. „Man sollte überlegen, es am besten noch auszubauen“, meinte der Bezirksrat aus Wertingen. Der Vorstandsvorsitzende der Bezirkskliniken, Stefan Brunhuber, berichtete, dass der Pachtvertag aus dem Gesamtvertrag mit dem RuV herausgelöst worden sei. Das sei jetzt möglich, da klar sei, dass die Bezirkskliniken an diesem Standort kein Parkhaus erstellen werden.
Das Therapeutische Reiten ist eine Einrichtung des Lebenshilfezentrums Günzburg. Träger ist die Lebenshilfe Donau-Iller e.V. Am Standort Günzburg bietet sie seit 30 Jahren Hippotherapie, tiergestützte Ergotherapie und Reiten für Menschen mit Beeinträchtigung an. „Wir haben um die 40 Klienten im Alter ab drei Jahren, die jede Woche oder alle 14 Tage zu uns kommen. Die Warteliste ist lang“, berichtet Annelies Eggers, die die Einrichtung seit 2007 leitet. „Für uns ist das Therapeutische Reiten ein exotischer Bereich, das es nur an ganz wenigen Standorten gibt. Wir arbeiten hier ausschließlich mit nebenberuflich tätigen Menschen zusammen“, erläutert Vorstand Zanor.
Annelies Eggers beispielsweise ist seit 2019 hauptberuflich als Physiotherapeutin in der Akutpsychiatrie des benachbarten BKH tätig. Mit ihr engagieren sich beim Günzburger Lebenshilfezentrum etwa ein Dutzend Teilzeitkräfte (Ergo-, Physio- und Reittherapeuten) und einige Ehrenamtliche im Stall. Alle Therapeutinnen sind erfahrene Reiterinnen und qualifizierte Fachkräfte im medizinischen Bereich. Sie besitzen zusätzliche spezielle Qualifikationen, um in der Therapie mit Pferden arbeiten zu können. Zur Anlage gehören drei Pferde mit den jeweiligen Boxen, Hasen, Katzen, ein Drittel der großen Reithalle, die auch der RuV nutzt, eine Koppel oberhalb des Geländes sowie Mitarbeiterbüros.
„Das Therapeutische Reiten gibt den Betroffenen, die zu uns kommen, Selbstvertrauen und hilft bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung“, stellt Zanor fest und ergänzt: „Deshalb wollen wir das wichtige Angebot für die Menschen hier aufrechterhalten.“ Die Lebenshilfe sei bereit, das jährlich entstehende Defizit weiterhin zu tragen. „Wir sind auf Kooperationspartner angewiesen“, so der Vorstand.
Einer davon ist der Bezirk Schwaben. Zum einen plant er, die Einrichtung mit einem jährlichen Fixbetrag in vierstelliger Höhe zu bezuschussen. Zum anderen soll eine Leistungsvereinbarung geschlossen werden, wonach eine als notwendig anerkannte Reittherapie für Kinder und Jugendliche zukünftig abgerechnet werden kann. Bisher ist es noch so, dass „das Angebot für alle über Selbstfinanzierung läuft, unterstützt von der Lebenshilfe-Stiftung“, wie Karsten Zanor ausführt.
Beide Vereine – RuV und Lebenshilfe – einte, dass sie längere Zeit befürchten, weichen und ihre Anlagen aufgeben zu müssen. Denn das BKH hatte Eigenbedarf angemeldet. Doch die Pläne für ein Parkhaus an dieser Stelle zerschlugen sich. „Ich bin dankbar, dass wir nun Kontinuität erreichen und die Gefährdung abwenden konnten“, sagte der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende der Bezirkskliniken, Dr. Popp. Günzburg ist der größte Standort des bezirklichen Gesundheitsunternehmens.
Das Vertragskonstukt zur Nutzung des Geländes war bis dato ziemlich kompliziert. So war die Lebenshilfe Untermieterin des RuV. Die Anlagen beider Vereine wiederum befinden sich auf dem Areal des BKH. „Durch die Aufteilung des Pachtvertrages sind die Zuständigkeiten nun klarer abgegrenzt. Das gibt Sicherheit“, unterstrichen Brunhuber und Zanor unisono. Der Regionalleiter Nord der Bezirkskliniken, Benjamin Englert, hob die Zusammenarbeit und die kompetente Unterstützung durch die Ichenhauser Kanzlei „Rechtsanwälte Kurt Hank & Stefan Miller“ bei der Ausarbeitung der neuen Verträge lobend hervor.
Auf der Basis dieser Planungssicherheit kündigte der Vorstand der Lebenshilfe umfangreiche Investitionen an. So sollen die Heizung und Lüftung der Reitanlage sowie Mitarbeiterräume erneuert werden. In der Reithalle soll die Bewässerung des Bodens (Drainage) modernisiert werden. Außerdem soll der Lifter ausgetauscht werden. Er ermöglicht Personen, die im Rollstuhl sitzen und nicht aus eigener Kraft stehen können, auf die Pferde aufzusteigen. Die Reitanlage soll ebenerdig und barrierefrei bleiben.