Zwei Männer der ersten Stunde am BKH Kempten gehen bald in Ruhestand
„Ich glaube, ich bin schon gefühlt in jeder Steckdose dringesessen“, sagt Manfred Fusz und lacht. Gemeinsam mit seinem Kollegen Hubert Strobel (62) wird der 63-Jährige nur noch wenige Tage im Dienst sein. Dann winkt für beide „Männer der ersten Stunde“ am BKH der wohlverdiente Ruhestand.
Strobel und Fusz haben viel gemeinsam: Beide arbeiten im Team der Regionalleitung Süd-West der Bezirkskliniken Schwaben unter Leitung von Helmut Notz, beide haben vor gut 40 Jahren am BKH Kaufbeuren angefangen und beide haben eigentlich völlig andere Berufe gelernt. Strobel ist gelernter Fachgehilfe in steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen, Fusz staatlich geprüfter Techniker im Landbau. Ersterer ist heute in der Wirtschaftsabteilung der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik tätig. Dort kümmert er sich um Beschaffungen aller Art, ist Dienstvorgesetzter für die Mitarbeitenden an der Pforte und in der Kasse. Sein ein Jahr älterer Kollege ist einer von zwei Haustechnikern, und das mit Leidenschaft: Türen, Fenster, Heizung, Schließanlage, Fuhrpark, Betreuung der externen Fachfirmen – die Liste der Tätigkeiten ist lang. Dabei sind Strobel und Fusz bei organisatorischen und technischen Fragen nicht nur Ansprechpartner im BKH an der Robert-Weixler-Straße, sondern kümmern sich auch um das ehemalige BKH im Freudental, das jetzt als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber genutzt wird, um das Gebäude an der Keselstraße, in dem sich ein Kindergarten und ein Flüchtlingsheim für ukrainische Flüchtlinge befinden, sowie um die Tagesklinik Lindau, die ebenfalls zu den Bezirkskliniken Schwaben gehört. „Wir machen quasi technisch all das, um das sich ein Vermieter einer Immobilie kümmern muss“, erläutert Fusz.
Der gebürtige Weitnauer Strobel und der gebürtige Lindauer Fusz, der – Ironie der Geschichte – genau in dem Gebäude das Licht der Welt erblickte, wo sich heute die Tagesklinik Lindau befindet, haben viel erlebt und gesehen in ihrer langen Berufszeit; sie könnten Bücher schreiben. Beide kamen Anfang 1986 von Kaufbeuren nach Kempten und halfen beim Aufbau des BKH im Freudental mit. Im Frühjahr 2015 gestalteten sie maßgeblich den Umzug in den Neubau neben dem Klinikum an der Robert-Weixler-Straße mit.
Lustige Erlebnisse und Geschichten? Bitteschön! Einmal, so erinnert sich Strobel, habe er sich gewundert, warum es im BKH plötzlich keine Salzstreuer mehr gibt und auch das Besteck immer weniger wurde. Dann beobachtete er einen Patienten, der mit zwei vollen Stofftaschen die Klinik verließ und mit leeren zurückkehrte. Bei weiteren Recherchen entdeckte der BKH-Mitarbeiter im Stadtgebiet einen Streukasten aus Holz, der voller Scheren, Handtüchern, Besteck und Waschlappen war. „Der Patient hatte dort unser ganzes Hauswirtschaftsmaterial gesammelt und gelagert“, erinnert sich der 62-Jährige.
Ein andermal, so Strobel, wurde eine Frau vom Rettungsdienst und der Polizei ins BKH gebracht. Sie führte eine auffällige Handtasche bei sich. „Als man diese öffnete, quillten die Geldscheine nur so heraus. Gemeinsam mit den Sanitätern und Polizisten musste ich dann die Scheine säubern und dokumentieren: Am Ende waren es knapp 26.000 Euro, die die Frau bei sich trug.“
Wie sein Kollege blickt Manfred Fusz auf eine „tolle Zeit“ in der Klinik zurück. „Die Arbeit hier ist interessant, vielseitig und sehr abwechslungsreich“, sagt der 63-Jährige und Strobel nickt. Beide stellen fest, dass sich unglaublich viel verändert hat. Man sei weg von der sozialpsychiatrischen Schiene und habe sich zur klinischen Psychiatrie hin gewandelt. Es sei alles medizinischer geworden, sagen die beiden.
Während sein letzter Tag der 31.12.2022 ist und er dann in Rente geht, scheidet Strobel offiziell erst im August 2024 aus. Allerdings beginnt im Januar 2023 die Freistellungsphase seiner Altersteilzeit. Beide sind sehr sportlich und freuen sich auf die freie Zeit, die der neue Lebensabschnitt ihnen bietet. Sie wollen dann ausgiebig radeln, wandern, Ski oder Mountainbike fahren. Beide lieben die Berge und das schöne Allgäu – noch eine Gemeinsamkeit. „Wir wohnen mit unseren Familien dort, wo andere Urlaub machen“, sagt Strobel und sein Kollege stimmt ihm vorbehaltlos zu.